Nicht nur Industrieunternehmen ächzen unter massiven Pensionsrückstellungen und sehen sich gezwungen, Milliarden in ihre Pensionskassen einzuzahlen. Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – allen voran die Big Four – müssen hohe Pensionslasten schultern. Laut aktuell veröffentlichten Zahlen hat sich auch bei ihnen die Lage zum Vorjahr nochmals verschlechtert.
Besonders hohe Pensionslasten muss demnach der Wirtschaftsprüfer Pricewaterhouse Coopers stemmen. Insgesamt liegen die Pensionszusagen der deutschen Tochter bei beachtlichen 1,7 Milliarden Euro – das ist mehr als der Deutschlandumsatz von 1,6 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2015. Rund 1,2 Milliarden Euro hat PwC bereits ausfinanziert und an die PPG Partnerpensions-gesellschaft mbH und an die MPG Mitarbeiterpensionsgesellschaft mbH ausgelagert. Damit bleiben noch rund 500 Millionen Euro an Pensionsrückstellungen in der Bilanz, die zur Innenfinanzierung genutzt werden. Im Vorjahr waren es noch rund 380 Millionen Euro.
Der Anstieg resultiert wie bei anderen Unternehmen auch vor allem aus der Absenkung des Rechnungszinses, mit dem die Pensionszusagen gegenüber den eigenen Mitarbeitern abdiskontiert werden. Dieser ist 2015 von 4,76 Prozent auf 4,21 Prozent gesunken.
Die hohen Pensionsrückstellungen haben sich bei PwC auch auf das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EBT) ausgewirkt: Lag es 2014 noch bei 17 Millionen, hat sich 2015 ein operativer Verlust von 73 Millionen angesammelt. Nur durch den Ansatz von aktiven latenten Steuern konnte das Jahresergebnis ins Positive auf rund 58 Millionen Euro gedreht werden. Latente Steuern entstehen durch einen Bilanzierungsunterschied in der Handels- und Steuerbilanz. Der Ansatz ist nicht verpflichtend. PwC hat davon zum ersten Mal seit einigen Jahren Gebrauch gemacht, wie das Unternehmen gegenüber FINANCE bestätigte.
Pensionsrückstellungen: KPMG hat die Rentendynamik angepasst
Auch dem kürzlich veröffentlichten Jahresabschluss von KPMG lassen sich hohe Pensionslasten entnehmen. KPMG hat Pensionszusagen in Höhe von rund 650 Millionen Euro – das ist zwar deutlich weniger als bei PwC, aber verglichen mit dem Umsatz von 1,51 Milliarden ebenfalls eine nennenwerte Summe. Im Gegensatz zu PwC hat KPMG aber fast alles ausfinanziert, lediglich 10 Millionen Euro bleiben als Rückstellungen auf der Bilanz.
Auch bei KPMG resultieren die gestiegenen Rückstellungen unter anderem aus einem von 4,7 Prozent auf 4,1 Prozent gesunkenen Rechnungszins. Dieser Effekt konnte allerdings dadurch überkompensiert werden, dass KPMG die Rentendynamik gesenkt hat: So geht die WP-Gesellschaft jetzt davon aus, dass die Renten nicht mehr um 2,1 Prozent, sondern nur noch um 1 Prozent wachsen werden. Diese Annahme begründet KPMG gegenüber FINANCE mit der anhaltenden Niedrigzins- und Niedriginflationsphase.
Ernst & Young hatte schon 2014 hohe Pensionsrückstellungen
Die hohen Pensionszusagen belasten die beiden WP-Gesellschaften PwC und KPMG in einer Phase, in der sie Vollgas geben müssen: Die Rotationspflicht für Prüfmandate ist das beherrschende Thema in den kommenden Jahren. KPMG, EY und Deloitte und PwC kämpfen aktuell um die attraktivsten Dax-Mandate und müssen gleichzeitig den Wegfall jener Mandate kompensieren, die sie wegen der Rotationspflicht selbst abgeben müssen. Ihr ärgster Konkurrent ist aktuell EY, der KPMG kürzlich von Platz Zwei in Deutschland gestoßen hat und auch PwC dicht auf den Fersen ist.
Ernst & Young und Deloitte haben ihre Abschlüsse für 2015 noch nicht veröffentlicht, allerdings deuten auch schon die Abschlüsse von 2014 auf einige Belastungen hin. Bei Deloitte sieht das Pensionsrisiko mit Pensionszusagen von 76 Millionen Euro bei einem Umsatz von rund 500 Millionen in 2014 noch verhältnismäßig gering aus.
Bei EY sieht die Lage anders aus: Die Pensionsrückstellungen sind mit über 700 Millionen Euro im Jahr 2014 noch höher als jetzt schon bei PwC. Da EY 2014 noch mit einem Rechnungszins von 4,76 Prozent gerechnet hat, dürften die Pensionsrückstellungen 2015 noch höher ausfallen.
Info
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Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.