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Skandalfirma Infinus: Gläubiger wählen heute gemeinsamen Vertreter

Mit Lebensversicherungen soll die Infinus-Gruppe laut Staatsanwaltschaft ein Schneeballsystem betrieben habe. Die Gläubiger bangen nun um ihr Geld.
Thinkstock / Getty Images

Für Insolvenzverwalter Bruno Kübler ist der Fall der Infinus-Mutter Future Business „das vielleicht schwierigste Verfahren in meiner bisherigen fünfunddreißigjährigen Verwalterpraxis.” In der Tat sucht der mutmaßliche Betrugsskandal bei der Muttergesellschaft des Finanzdienstleister Infinus seinesgleichen: Rund 40.000 Anleger bangen um insgesamt 1 Milliarde Euro. Die Staatsanwaltschaft Dresden und das Landeskriminalamt in Sachsen ermittelt gegen zehn Manager der Infinus-Gruppe wegen des Verdachts auf Kapitalanlagebetrug und Bilanzfälschung. Fünf von ihnen sitzen seit dem vergangenen November in Untersuchungshaft.

Heute wählen die Inhaber der Orderschuldverschreibung – mit 667 Millionen Euro die größte Gläubigergruppe – in Dresden einen gemeinsamen Vertreter. Zur Wahl stehen Klaus Nieding von ProtectInvestAlliance, Christian Gloeckner von der G&P, Klaus Rotter von Rotter Rechtsanwälte sowie Heinz Steinhübel von Dr. Steinhübel Rechtsanwälte.

Insolvenzverwalter stellt 20 Prozent Insolvenzquote in Aussicht

Beim Unternehmen wurden bereits 1.300 Umzugskartons mit Dokumenten sichergestellt. Nach Sichtung eines ersten Teils macht Insolvenzverwalter Kübler den Gläubigern der Orderschuldverschreibung Hoffnung, dass sie immerhin ein Teil ihres Geldes zurückerhalten könnten: „Nach jetzigem Stand gehe ich von einer Quote bis zu 20 Prozent aus“, sagt Kübler Anfang April laut einer Mitteilung. Diese Quote bestätigt er gestern noch einmal gegenüber FINANCE.

In dieser Berechnung geht der Insolvenzverwalter jedoch davon aus, dass die von ihm ermittelte Insolvenzmasse von 151 Millionen Euro nur an die Gläubiger der Orderschuldverschreibung ausgezahlt wird. Sollten auch die Genussrechtsgläubiger (43 Millionen Euro) und Nachranggläubiger (35 Millionen Euro) im normalen Rang zu befriedigen sein, würde sich die Quote für die Inhaber der Orderschuldverschreibung auf 18 Prozent verringern.

Allerdings könnten bei der weiteren Prüfung auch noch neue Aktiva in den Future-Business-Bilanzen auftauchen, möglicherweise könnten auch Vorstände und Gesellschafter noch persönlich haftbar gemacht werden. Nur eines scheint bisher gewiss: Bis die Anleger ihr Geld wiedersehen, werden wohl noch Jahre vergehen.

Staatsanwälte ermitteln wegen Verdachts auf Schneeballsystem

Denn offizielle Stellen fürchten, sie könnten einen regelrechten Betrugssumpf aufdecken: Die Staatsanwälte werfen den beschuldigten Ex-Managern vor, mit Lebensversicherungen und Edelmetallsparplänen ein Schneeballsystem entwickelt und dies über ein undurchsichtiges Firmengeflecht vertuscht zu haben. Im Kern funktionierte das System laut einer Mitteilung des Insolvenzverwalters so,  dass Future Business (Fubus) Versicherungen abschloss, während die Tochter Infinus als Vermittler auftrat und im Anschluss die Provisionen des Versicherers kassiert hat. Diese Provisionen, so der Insolvenzverwalter, soll Infinus dann im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages wieder an Future Business überwiesen haben, wo die Provisionen als gewinnbringender Ertrag gebucht worden sein sollen. Ähnlich soll die Gruppe auch bei Edelmetallsparplänen vorgegangen sein.

Weitere Geschäftsfelder der Fubus waren nach Angabe von Kübler Unternehmensbeteiligungen sowie der Kauf und Verkauf sowie Vermietung und Verpachtung von Immobilien, die jedoch zu großen Teilen vom Unternehmen selbst genutzt wurden. Insgesamt, so schreibt Kübler in einer Pressemitteilung von Anfang April, bestehen im Ergebnis „erhebliche Zweifel an der mittelfristigen, geschweige denn langfristigen Rentabilität des ‚Geschäftsmodells‘ der Fubus.“

Insolvenzverwalter klagt gegen Jahresabschlüsse

Die Zweifel des Insolvenzverwalters teilten viele Anleger nicht. So konnte das Unternehmen über Jahre hinweg mit Orderschuldverschreibungen, Genussscheinen, Genussrechten und Nachrangdarlehen Geld von Anlegern einsammeln. Das Nachrangdarlehen wurde sogar nur wenige Monate vor dem Insolvenzantrag im November 2013 emittiert – nachdem die Bafin einen Prospekt für neue Orderschuldverschreibungen wegen erheblicher Mängel nicht genehmigt hatte.

Anleger haben sich wohl auch von den Bilanzen des Unternehmens blenden lassen – auch wenn jetzt der Verdacht im Raum steht, diese könnten geschönt worden sein. Laut Insolvenzverwalter Kübler gibt es Hinweise, dass das Unternehmen seit 2009 falsche Jahresabschlüsse aufgestellt und zu hohe Gewinne ausgewiesen haben könnte. Beim Jahresabschluss für 2009 bemüht sich der Insolvenzverwalter nach eigenen Angaben bereits um die Feststellung einer Nichtigkeit. Dadurch könnten sich gegebenenfalls neue Ansprüche gegen Dritte ergeben. Gegenüber FINANCE erklärte der Insolvenzverwalter jetzt, er wolle auch gegen die Jahresabschlüsse 2010 bis 2012 Klage einreichen.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de