Bei der Bilanzierung haben CFOs in der Regel mehr zu verlieren als zu gewinnen: Ein funktionierendes Reporting ist unauffällig, Fehler allerdings haben oft schwerwiegende Folgen. Kaum ein Mittelständler nimmt daher ohne guten Grund das Risiko auf sich, seine Bilanzierung vom nationalen Standard HGB auf das internationale Format IFRS umzustellen.
Der in Backnang bei Stuttgart ansässige Satellitenhersteller Tesat-Spacecom (siehe Kasten am Ende des Artikels) hat es getan – wenn auch nicht gänzlich aus freien Stücken, sondern im Zuge der notwendigen gruppenweiten Harmonisierung der Buchführung. Zwar gehört Tesat schon länger zu EADS Astrium und damit zur Airbus-Gruppe, jedoch wirkte die Zeit als Bosch-Tochter noch lange nach.
Auch wenn Airbus am internationalen Kapitalmarkt agiert, hatte Tesat bislang als Legal Entity einen Sonderstatus mit seiner führenden HGB-Buchführung. Doch jetzt fügt sich das Unternehmen ins Glied: „Der gesamte Airbus-Konzern berichtet nach IFRS. Da ist es vorteilhaft, wenn man dies als Standard festlegt“, sagt Tesat-CFO Roland Schuster. HGB brauche das Unternehmen größtenteils nur noch am Jahresende zur vorschriftsmäßigen Erstellung des Jahresabschlusses nach Local GAAP. firmenintern. Für die externe Kommunikation sei IFRS unabdinglich. Eine Umstellung erschien logisch, um die externe Kommunikation zum Konzern zu erleichtern verbessern.
Tesat: Umbau des Reportings
Schließlich kam es durch das auf HGB konzentrierte Reporting teils zu erheblichen Doppelstrukturen. So wurde beispielsweise monatlich ein konzerninterner Bericht nach HGB erstellt, der dann aufwendig in IFRS übergeleitet werden musste. Das verwendete SAP-System wuchs lange mit und musste immer wieder individuell angepasst werden.
Um die Buchführung und das Reporting nun möglichst effektiv zu gestalten, stellte Tesat unter anderem die parallele Rechnungslegung um. Dadurch habe das Unternehmen den manuellen Buchungs- und Überleitungsaufwand reduziert sowie die Transparenz im Finanzbereich erhöht. „Früher hatten wir viele Insellösungen. Heute können wir mit einer Buchung alle notwendigen Ledger, also HGB, Steuer oder IFRS, ansprechen und dann auf den jeweiligen Bilanzierungsstandard übertragen“, erklärt Bernhard Komma, unter anderem Leiter Finanzen und Controlling bei Tesat.
Controlling: Ausrichtung auf ERP-Standardkomponenten
Die Umstellung auf IFRS war jedoch nur ein Teil des von dem Beratungsunternehmen FAS begleiteten Reportingprojekts. Zudem wurden noch weitere Schritte hinzugefügt, um eine komplette Umstellung zu gewährleisten.
Doch zieht eine Reportingumstellung auch immer Kreise: Nach der IFRS-Einführung , hat Schuster das Controlling stärker auf den Einsatz der SAP-Standardkomponenten ausgerichtet. Zudem wurde ein Datenlager etabliert, wo die gesammelten Daten extrahiert und kombiniert werden. Anschließend können die Informationen reporting-optimiert abgespeichert werden.
Rund ein Jahr dauerte das Projekt. Der interne Personalaufwand hielt sich in Grenzen. „Für das gesamte Projekt mussten wir keine zusätzlichen Mitarbeiter einstellen“, sagt Controlling-Experte Komma. Die Kosten für das Projekt seien dadurch überschaubar geblieben. Tesat habe lediglich vorübergehend andere Themen zurückstellen müssen, um den Mehraufwand bewältigen zu können. Aus Sicht des CFO hat sich die Arbeit aber gelohnt. „Durch unser neuaufgestelltes Finanzwesen werde ich mich in meinen Aussagen gegenüber dem Management in Zukunft erheblich leichter tun“, freut sich CFO Schuster.
Info
Tesat-Spacecom ist ein Zulieferer für Satellitenhersteller mit Sitz in Backnang bei Stuttgart. Das Unternehmen entsprang der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) und Telefunken in den 60er Jahren. Das Unternehmen ist eine 100-prozentige und selbstständige Tochtergesellschaft der Airbus-Gruppe. Derzeit beschäftigt Tesat rund 1.200 Mitarbeiter. 2014 setzte das Unternehmen knapp 338 Millionen Euro um.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.