Das Fußballer-Mantra „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“ ist passé. Der klassische Finanzbereich Controlling spielt auch auf dem Rasen eine immer wichtigere Rolle und soll in Zukunft die Grundlage für sportliche Erfolge legen – so auch bei dem Traditionsclub 1. FC Nürnberg. Seit Anfang des Jahres führt der Verein ein Sportmodul von SAP ein. Dadurch kontrollieren die Franken nicht nur die Fitness der Spieler, auch die Gesundheit soll sich verbessern.
Der 1. FC Nürnberg will Spieler gesünder machen
Durch die Aufzeichnung der Gesundheits- und Leistungsdaten will der Verein Verletzungen verhindern. „Wenn sich ein Spieler dann doch verletzt, haben alle zugangsberechtigten Personen Zugriff auf den Heilungsprozess in Echtzeit“, erklärt Mario Hamm, Direktor Finanzen beim 1. FC Nürnberg. „Ziel ist es, die bestmögliche, qualitativ hochwertigste Information zügig zur Verfügung zu stellen.“ So bleibt auch der Trainer immer auf dem Laufenden, welcher Spieler ihm wann wieder zur Verfügung steht. Die empfindlichen und persönlichen Daten liegen in der SAP-Cloud in Walldorf und werden unzugänglich gemacht, wenn der Fußballer den Verein wechselt.
Auch die Kosten im Scouting kann Mario Hamm durch die einheitlichen Prozesse besser überprüfen. „Scouts fotografieren ihre Rechnung und laden sie in einer App auf ihrem Handy hoch. Der Chef-Scout muss die Zahlung dann nur noch freigeben und wir in der Finanzabteilung haben dadurch weniger Arbeit“, erklärt er. Auch in anderen Abteilungen werden die Spesen so erfasst. So will Hamm die Verantwortung für die jeweiligen Jahresbudgets wieder zurück in die Fachabteilungen holen.
FCN erhöht Automatisierungsgrad der Rechnungen
Damit das Zusammenspiel zwischen Sport und Finanzen klappt, hat der 1. FC Nürnberg seine Unternehmensprozesse durch die SAP-Technologie in den vergangenen drei Jahren automatisiert. Die Finanzsoftware dient jetzt als Basis, um auch den sportlichen Bereich in Zahlen zu gießen.
Durch die Vermessung des Fußballs erhofft sich Finanzdirektor Mario Hamm den entscheidenden Vorteil: „Wir werden mit Sicherheit keine Investition in einen Spieler tätigen, weil einer unserer Scouts ein gutes Bauchgefühl hat“, sagt er. Die Zusammenarbeit zwischen dem sportlichen und finanziellen Bereich hat einen hohen Stellenwert.
Auch in der Finanzabteilung hinterlässt die neue Software Spuren. „Mittlerweile ist unser Automatisierungsgrad bei der Verarbeitung von Rechnungen und Finanztransaktionen in den vergangenen Jahren von 60 auf 80 Prozent gestiegen“, sagt Hamm. Das sei wichtig, denn egal in welcher Liga der Verein spiele, die Anzahl der Transaktionen bleibe in etwa gleich: „In der zweiten Liga machen wir nur wesentlich weniger Umsatz. Der Abstieg von der ersten in die zweite Bundesliga kostete uns 20 Millionen Euro“, sagt Finanzexperte Hamm.
„Fußball ist rein cashflowgetrieben“
Wie in jeder Branche stehen Unternehmen im Fußball vor besonderen Herausforderungen: Zweimal im Jahr fordert beispielsweise die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Finanzunterlagen an, um die Lizenz zu vergeben, als nächstes Mitte März. So will die DFL vermeiden, das ein Verein während der laufenden Spielzeit insolvent wird und aus dem Ligabetrieb ausscheidet.
„Wir sind daher ein rein cashflowgetriebenes Business“, erklärt Hamm. Die Freude am Sport bleibt dabei manchmal auf der Strecke, gibt er zu: „Als Finanzer habe ich selbst bei Spielen immer Zahlen im Kopf.“ Und dank seiner Software auch in Windeseile in seinem IT-System.
Info
Nicht nur der 1. FC Nürnberg nutzt modernes Finanzmanagement, auch andere Profifußballvereine nutzen Controlling-Systeme, um sich auf und neben dem Platz einen Vorteil zu verschaffen. FINANCE gibt einen Überblick über das Controlling im Profifußball – nächste Woche bei der TSG Hoffenheim.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.