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Die größten Fehler bei internationalen Finanzprozessen

Reporting, Planung, Cash-Pooling: Wie CFOs komplexe Prozesse im Griff behalten.
cofotoisme/Thinkstock/Getty Images

Wer einen internationalen Konzern steuert, hält viele Fäden in der Hand. Immer wieder berichten dennoch CFOs, dass die Zahlen einfach nicht zu stimmen scheinen, dass die Rückmeldungen aus den Landesgesellschaften nicht zusammenpassen können.

Wenn aber das Management den berichteten Zahlen nicht vertrauen kann, fehlt es an einer verlässlichen Grundlage. Die mögliche Folge: Wichtige Entscheidungen werden verschoben oder – noch verheerender – auf Basis einer falschen Annahme getroffen. Beides hat erhebliche Konsequenzen. Dabei sind hochentwickelte IT-Systeme im Finanzwesen größerer internationaler Unternehmen längst Standard. Warum also treten trotzdem immer noch so oft Unstimmigkeiten auf? Und wie finden CFOs einen Ausweg aus diesem Schlamassel?

Zentrale Kennzahlen sind oft nicht ausreichend definiert

Die Erfahrung zeigt: Manche Abweichungen sind schlicht einer unterschiedlichen Verbuchung von gleichen Geschäftsvorfällen im Ist und Plan geschuldet. Selbst wenn im gesamten Unternehmen mit allen Tochtergesellschaften dasselbe System in einheitlicher Version genutzt wird – häufig SAP –, kann das Verständnis der Zahlen sehr individuell geprägt sein.

So etwa sind Definitionen von Gross Profit, Ebit oder der Marge nicht gesetzlich festgelegt. Zwar gibt es im Finanzwesen im Großen und Ganzen Übereinstimmung über diese Zahlen, dennoch kann jedes Unternehmen anders damit umgehen.

Unterschiede kommen zustande, wenn etwa Kosten in einer Landesgesellschaft auf Konten gebucht werden, die unterhalb des Ebit zugeordnet sind, zum Beispiel ein Honorar für den Rechtsanwalt. Dieses sollte auf das Konto „Rechts- und Beratungskosten“ gebucht werden, welches in der Gewinn- und Verlustrechnung wiederum den Gemeinkosten zugeordnet werden sollte. Diese wiederum werden oberhalb des Ebit berichtet. Wenn Rechts- und Beratungskosten allerdings in einer Ländergesellschaft unterhalb des Ebit eingestuft werden, sind sie dort auch nicht enthalten. Auf diese Weise vergleicht das Management in der Zentrale unwissentlich dann Äpfel mit Birnen.

Um so etwas zu vermeiden, braucht das Unternehmen integrierte Systeme mit einheitlichen Datendefinitionen, allen voran eine einheitliche Finanzbuchhaltung für die gesamte Gruppe. Das bedeutet, sämtliche Geschäftsprozesse werden für das Reporting immer und überall einheitlich verbucht, von Frankfurt bis Sydney und von Chicago bis Nowosibirsk. Voraussetzung dafür ist ein Konzernkontenplan mit einer verbindlichen Beschreibung der Konten. Darin ist festgeschrieben, welche Geschäftsvorfälle auf welche Konten zu buchen sind: zum Beispiel alle Reisekosten auf das Konto „Travel Expenses“, und ebenfalls ist hier definiert, was genau unter Reisekosten fällt und was nicht.

Das braucht es für ein einheitliches Reporting

Auch eine homogene Unternehmensplanung mit einem einheitlichen Verständnis der Produkte und Produktgruppen ist wichtig. Ob dies gelingt, hängt von einheitlichen Planungsprämissen ab, zum Beispiel Inflationsraten oder Wechselkursen. Nur wenn die Struktur der Planung der des Ist-Reportings entspricht, werden Planung und Ist-Ergebnisse vergleichbar. Darüber hinaus gehört zu einem einheitlichen Finanzsystem auch die einheitliche Cashflow und Working-Capital-Planung.

Schließlich ist noch ein Konsolidierungssystem erforderlich, das zum Beispiel monatlich die Gewinn- und Verlustrechnungen und Bilanzen der Gruppe konsolidiert. Es fügt die Ist-Ergebnisse und die Planungen der einzelnen Länder und Unternehmensbereiche zusammen. Dann lassen sich Kennzahlen wie Cashflow oder Working Capital auf Gesellschafts- oder Länderebene sowie auf Konzernebene  ermitteln – einheitlich und nachvollziehbar. Die Qualität dieser Daten ist dann verlässlich.

Treasury, Controlling und Accounting müssen sich abstimmen

Allerdings braucht es Zeit, bis eine Unternehmensgruppe ein einheitliches Finanzsystem eingeführt hat und jeder Standort damit umgehen kann. Entscheidend ist dabei, das lokale Management zu überzeugen, schließlich wird dort all das oft nur als zusätzlicher Aufwand betrachtet. Dies gilt umso mehr bei jeder weiteren Expansion hin zu neuen Standorten.

Generell braucht der CFO hierfür einen genauen Plan – Abstimmung zwischen den Unternehmensbereichen ist Voraussetzung. So müssen zum Beispiel die Bereiche Treasury, Controlling und Accounting ihre Aktivitäten im Ausland genau miteinander absprechen, um lokal kein Chaos zu erzeugen. Zum Beispiel ist es gut, wenn das Treasury den Kontakt zur bevorzugten Geschäftsbank benennt, insbesondere dann, wenn das ausländische Unternehmen auch in den Cash-Pool der Gruppe integriert werden soll.

Wer es schafft, die Entscheidungsträger – Geschäftsführer, Managing Directors oder Finance Directors und Regionalverantwortliche – zusammenzubringen und ihnen die Vor- und Nachteile deutlich zu machen, kann ein gemeinsames Verständnis erzeugen. Denn eine Unternehmensgruppe ist nur als Ganzes stark, nicht jede Tochter für sich. Es hilft ungemein, wenn die zentrale Geschäftsleitung bei dieser Gelegenheit klare Vorgaben macht. Die Umsetzung ist dann schlicht Projektmanagement.

redaktion[at]finance-magazin.de

Der Autor

Michael Daub unterstützt seit über 20 Jahren internationale Mittelständler im Bereich Finanzen: vom Aufbau eines Berichtwesens über die Einführung neuer Reporting-Strukturen bis hin zum Beteiligungscontrolling. Weitere Informationen unter: www.michaeldaub.eu