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SAP will den nächsten Lionel Messi finden

Der Softwarekonzern SAP baut Programme, mit denen Bundesligisten den nächsten Lionel Messi erspähen sollen.
marco_speranza/Thinkstock/Getty Images

Fußballbundesligisten wie die TSG Hoffenheim setzen immer stärker auf Big Data. Der Sport lässt sich bislang jedoch nur schwer in harte Zahlen fassen. Am bekanntesten sind oft noch die traditionellen, aber wenig aussagekräftigen Statistiken wie Tore oder Torvorlagen. „Die Teams wollen aber herausfinden, wo jeder Spieler sein Leistungsoptimum hat und dabei auch auf die gesammelten Trainingsdaten zurückgreifen können“, sagt Bernd Huwe, Business Development Director im Bereich Sports bei dem Softwarekonzern SAP.

SAP ist in der Finanzwelt bekannt als Controllingspezialist. Doch der Walldorfer Konzern schickt sich seit kurzem an, auch den deutschen Fußball zu erobern. „Wir versuchen unser Wissen über die nachhaltige Nutzung von Daten auf das Spielfeld zu übertragen“, sagt Huwe. Denn die Profi-Clubs entwickeln immer neue KPIs und gießen die wichtigsten Parameter in Zahlen. „Die relevanten Mitarbeiter im Club sollen jederzeit und aktuell wissen, wie es den Spielern geht und welche sportlichen Herausforderungen bevorstehen – das ist der CFO-Ansatz.“

SAP überträgt das Controlling auf den Fußball

Mit der Denke eines Finanzchefs können die Bundesliga-Clubs dem SAP-Experten zufolge Erkenntnisse gewinnen, die vorher noch versteckt waren. Selbst die Jugendspieler können bei Vereinen im Training oder bei Leistungstests verkabelt werden, so lassen sich die Sprintgeschwindigkeit, die Ermüdung und der Herzschlag genau analysieren. In einer Trainingsstunde laufen knapp 78 Millionen Daten zusammen.

„Beim Filtern nach relevanten Erkenntnissen versuchen wir dann, unser Wissen und unsere Technologien einzubringen“, sagt SAP-Experte Huwe. „Dabei kann herauskommen, dass ein Spieler im Training oder bei Leistungstests schneller sprintet als im Spiel, was auf eine Überdosierung in der Spielvorbereitung oder eine versteckte Verletzung hindeuten könnte.“ Die harten Zahlen helfen ihm zufolge aber auch in Leistungsgesprächen mit den Spielereltern im Nachwuchsbereich: „Spieler und Eltern sind dann wesentlich offener für Kritik und man kann gegebenenfalls einen individuellen Trainingsplan erstellen, um die Schwachstelle gemeinsam auszumerzen.“

So können die Clubs ihre Spieler fördern oder gegebenenfalls auch aussortieren. Die Trennung der Spreu vom Weizen ist für die Clubs sehr wichtig. „Wenn man den nächsten Lionel Messi früher erkennt als die Konkurrenz, ihn schneller für weniger Geld bindet, kann man diese Nachwuchstalente für den eigenen Erfolg nutzen, aber auch mit höheren Erlösen transferieren“, sagt Huwe. Insbesondere durch die exorbitanten Ablösesummen aus der englischen Premier League und aus China werde der Faktor Nachwuchsarbeit und Scouting für kleinere Clubs immer wichtiger. Auch der 1. FC Nürnberg versucht so Top-Talente zu entdecken.

Fußball-Clubs durchforsten Twitter und Co.

Jugendspieler wie Profis müssen sich warm anziehen, denn nicht nur die sportliche Leistung wird genau beobachtet, auch Social Media wird immer wichtiger. „Die Präsenz in den sozialen Medien, aber auch der private Hintergrund werden im Vorfeld einer Verpflichtung häufig untersucht, damit die Clubverantwortlichen eine 360-Grad-Sicht auf den Spieler bekommen“, sagt Bernd Huwe von SAP. So solle im Vorfeld bewertet werden, ob der Spieler charakterlich ins Team passt und millionenschwere Fehleinkäufe vermieden werden.

Aber was passiert mit den empfindlichen Daten, wenn der Spieler seinen Verein wieder verlässt? Immerhin haben die Daten einen enormen Wert und geben die Gesundheitsgeschichte des Fußballers preis. „Das ist sicherlich eine Herausforderung der Digitalisierung und bedarf weiterer Bewertungen aus legaler Sicht. Hier wird es bilaterale Vereinbarungen zwischen den Profis und ihren Teams geben müssen“, sagt Huwe. „Da ist die Frage, wenn der Profi seine Daten mitnehmen will, ob der abgebende Club dann für dieses Datenset finanziell zu entschädigen wäre, weil möglicherweise das Transferrisiko sinkt.“ Das wäre noch eine zusätzliche mögliche Einnahmequelle für kleinere Vereine.

Manchester City nutzt SAP weltweit

Nicht nur die kleinen Clubs profitieren von den neuen Technologien. Das Premier-League-Team Manchester City hat sie perfektioniert. Der von einem Scheich aus Abu Dhabi finanziell unterstützte Verein hat noch Schwesterteams in New York, Melbourne und Yokohama und ist somit Teil der City Football Group. „Alle gesammelten Erkenntnisse aus Spielen und Trainingseinheiten laufen in einer gemeinsamen Datenbank einer eigens etablierten Organisation zusammen – der City Football Services“, erzählt Bernd Huwe. Mehr Daten bedeutet mehr Wissen. So haben die Fußball-Giganten auch bei diesem Thema die Nase vorn.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.