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Wann Agilität im Controlling wirklich sinnvoll ist

Agilität im Controlling hilft nicht bei jedem Prozess. Wo passt agiles Controlling und wo nicht?
gorodenkoff/ iStock/ Getty Images

Controller planen, steuern und sorgen für mehr Transparenz – alles Aufgaben, die nicht wirklich flexibel sind oder viel Spielraum bieten. Doch teilweise sollte auch im Controlling agil gearbeitet werden, wie Guido Kleinhietpaß, Partner bei der CA Controller Akademie, findet. Dabei muss allerdings ein Grundgerüst vorhanden sein, auf dem das agile Controlling aufbauen kann.

„Schließlich sollte das Controlling das Geschäft unterstützen, daher brauchen die agil gemanagten Bereiche des Unternehmens auch agiles Controlling. Agilität im Controlling ist deshalb in erster Linie keine eigenständige Entscheidung der Controlling-Abteilung, sondern folgt der Geschäftslogik“, meint er. Daneben gebe es aber auch „Agilität in eigener Sache“ für den Controller.

Dynamische Prozesse agil begleiten

Wo Agilität im Controlling notwendig beziehungsweise sinnvoll ist – oder eben nicht – stellt Kleinhietpaß anhand von drei Beispielen vor. Als erstes Beispiel nennt er einen Prozess, bei dem Controller lernen, besser mit dynamischen Änderungen umzugehen – hier sei agiles Arbeiten angebracht.

Das konkrete Beispiel könnte so aussehen: Wenn Controlling-Abteilungen planen, das Berichtswesen stärker am internen Kunden – also etwa dem Vorstand – auszurichten, könnte eine Berichtswesen-App sinnvoll sein. Hier kann das Controlling live erleben, wie agiles Vorgehen funktioniert. Das Controlling hat dann zunächst die Aufgabe, den Bedarf des Vorstands zu ermitteln: Welchen Datenzugriff, Grafiktyp, Farblogik oder Kennzahlenberechnung sollte die App haben? „Das Ergebnis dieser Bedarfsanalyse ist nicht so klar definierbar wie im klassischen Projektmanagement, weil es keine harten Finanzkennzahlen sind. Und genau deshalb lohnt sich eine agile Arbeitsweise, zum Beispiel mit Design Thinking“, so Kleinhietpaß. Die traditionelle Kostenrechnung würde hier hingegen zu kurz greifen.

Das Neue für Controller wäre die Dynamik, weil sich permanent etwas verändern kann. „Entweder sind Features anzupassen, weil sich zum Beispiel die Erwartung des Vorstands ändert. Neben dieser Änderung vom Management kann auch der Controller selbst Änderungen anstoßen, weil er erkennt, dass der Manager andere Informationen nachfragen sollte.“

So etwas könnten Controller schwer in Pläne oder Budgets einplanen, wie sie es sonst ziemlich detailliert tun würden. Wenn sie aber mit einer agilen, flexiblen und immer auf Veränderung gefassten Einstellung herangehen, würden sie in einer solchen Situation besser zurechtkommen und das kleinteilige Planen ablegen können, glaubt Kleinhietpaß. „Das ist ein wichtiger Lerneffekt für Controller in einer VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity)-Welt“, findet er.

Routinierte Aufgaben mit Agilität ablösen

Im zweiten Beispiel wirkt sich Agilität im Controlling positiv auf das Berichtswesen aus. Normalerweise sei das Berichtswesen eine sehr routinierte Aufgabe, die auf einem hohen Standardisierungsgrad beruht, meint der Controlling-Experte. Doch manchmal kommen kurzfristig neue Komponenten hinzu, die das Berichtswesen beeinflussen können – beispielsweise wie jetzt die Kurzarbeit in Zeiten der Coronavirus-Pandemie. „Eigentlich müssten Controller diese Komponente dann ganz einfach in ihren Forecast einbeziehen und danach steuern können, doch bei vielen fehlt dazu einfach die Datengrundlage, wie sich zum Beispiel Kurzarbeit auf das Geschäft auswirkt.“

Hier eigne sich dann zum Beispiel die agile Projektmanagementmethode Scrum, bei der regelmäßig neue kurze (meist 14-tägige) Ziele festgesetzt werden. „Mit diesen vom Controlling selbst festgesetzten Zielen lässt sich dann viel leichter planen und flexibel neue Komponenten integrieren“, rät Kleinhietpaß. So würden Controller schneller lernen, auf kurzfristige Änderungen einzugehen. Zudem helfe diese agile Methode, um sich besser auf die nächste Krise vorzubereiten. 

Wann sich agiles Controlling nicht lohnt

Als Negativ-Beispiel dagegen nennt Kleinhietpaß so manche routinierten und altbewährten Prozesse, bei denen sich Flexibilität und ständig neue Veränderungen eher negativ auf das Geschäft auswirken könnten. „Wenn zum Beispiel ein Spritzgussunternehmen ein kleines Teil in einer riesigen Menge produziert, wobei das Teil an sich nur Cent-Beträge kostet, gibt es dafür eigentlich immer die gleiche Fertigungsmethode. Diese ist auch nicht kurzfristig veränderbar, weil Änderungen in vielen Branchen nur nach einem aufwändigen Freigabe-Prozess vom Kunden erfolgen dürfen.“

Demnach steuern Controller dann meist über Jahre nach den gleichen Kennzahlen, wie zum Beispiel einer Materialkostenquote. Hier können der Fertigungsprozess und das Fertigungs-Controlling nicht agil geändert werden. „Das gesamte klassische Instrumentarium dann zu ändern, kann zur Todsünde im Controlling führen und verbrennt unnötig Zeit“, warnt Kleinhietpaß. Erst wenn das Unternehmen für neue Produkte das Fertigungsverfahren verändert und agil in Kleinst-Serien fertigt, müsse das Controlling womöglich anders steuern, weil zum Beispiel die Bedeutung der Materialkosten abnimmt und die Rüstkosten bedeutender werden.

Agiles Controlling muss ins Unternehmen passen

Das Fazit des Experten: Die Controlling-Abteilung sollte nicht willkürlich aussuchen, wo sie Agilität an den Tag legen will, die Methode muss zu dem jeweiligen Prozess passen. „Controller agieren als Business Partner: Zu agilem Management passen keine konventionellen Controlling-Instrumente – und umgekehrt.“ Und viel wichtiger: „Ohne Grundgerüst funktioniert es nicht.“

Mit dem Grundgerüst meint der Controlling-Trainer neben dem richtigen Mindset – nicht zwingend an alten Methoden festzuhalten – auch eine Art Leitplanke. „Die Leitplanke zeigt die Situation, bevor Ziele verfehlt werden oder das Unternehmen gar in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.“ Also zum Beispiel, dass ein Entwicklungsteam, das vom Controlling unterstützt wird, drei Monate lang agil ausprobieren darf und kurze Ziele aufsetzen kann, ohne dass die Liquidität gefährdet ist.

„Controller agieren als Business Partner: Zu agilem Management passen keine konventionellen Controlling-Instrumente – und umgekehrt.“

Guido Kleinhietpaß, Partner CA Controller Akademie

Datengrundlage ist für agiles Controlling das A und O

Die Funktion einer Leitplanke können Controller aber, nur dann ausfüllen, wenn das Controlling alle erforderlichen Kennzahlen beziehungsweise Informationen kennt und sich diese jederzeit selber aus dem System ziehen kann, um sie der verantwortlichen Führungskraft als Entscheidungsgrundlage „anbieten“ zu können. „Eigentlich sollte diese Stammdatenqualität und Systemunterstützung in jeder Controlling-Abteilung vorhanden sein, aber dem ist leider nicht so“, kritisiert der Controlling-Experte. Überall, wo dies der Fall ist, sollte das Controlling von agilen Arbeitsweisen die Finger lassen.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Mehr über Trends und Entwicklungen im Controlling lesen Sie auf dem Blog Controlling 2025

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.