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Hansa Rostock: Schuldenschnitt, Landesbürgschaft und Stress mit dem DFB

Die DKB-Arena in Rostock: Ein Schuldenschnitt bannt die Pleitegefahr bei Hansa Rostock.
FC Hansa Rostock

An der Ostsee ist es immer zugig, aber das Sturmtief, das jetzt schon seit mehr als zehn Jahren über dem FC Hansa Rostock hängt, hat inzwischen biblische Ausmaße angenommen: Abstiege, Fanrandale, Trainerwechsel, Millionenlöcher. In der Hansa-Kogge steht das Wasser bis zur Reling.

Doch jetzt scheint dem Klub ein großer Schritt in Richtung Sanierung gelungen zu sein. Die Gläubigerbanken DKB und Ostseesparkasse Rostock wollen auf ihre gesamten Forderungen gegen den Klub von rund 8 Millionen Euro verzichten, wenn das Land Mecklenburg-Vorpommern ihnen im Gegenzug rund 2,5 Millionen Euro überweist. Die Landespolitiker – an eine Bürgschaft gebunden – haben dem Vorhaben bereits zugestimmt. Ihre Begründung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Eigentlich „spare“ das Land damit fast 700.000 Euro, da es vor zwei Jahren, als der FC Hansa auch schon kurz vor der Pleite stand, für 3,2 Millionen Euro gebürgt hatte. Und bei einer Insolvenz wäre schließlich das ganze Geld weg. So kann man es auch sehen. 

Der DFB sieht die Lage von Hansa Rostock kritisch

Doch während sie sich in Rostock in den Armen liegen, kann der DFB die Glücksgefühle nicht ganz teilen. Erneut will der DFB dem FC Hansa die Lizenz nur unter Auflagen erteilen. Gegen die Auflagen will Hansa Rostock Rechtsmittel einlegen: „In einigen Punkten können wir die Bewertung des DFB nicht nachvollziehen“, moniert der seit einem Jahr amtierende Hansa-Boss Michael Dahlmann.

Wir aber schon, denn der Schuldenschnitt ist noch nicht endgültig in trockenen Tüchern. Und auch wenn alle Verträge tatsächlich wie geplant unterschrieben werden sollten, wäre Hansa zwar aus dem Gröbsten raus, aber immer noch schwer angeschlagen. Schließlich drücken Hansa insgesamt Schulden von rund 30 Millionen Euro. Der Verein wäre nach dem Forderungsverzicht seiner Banken praktisch schuldenfrei, ausstehend wären dann de facto nur noch gut 400.000 Euro Schulden aus einer Fananleihe, die noch einige Jahre läuft.

Doch nach wie vor zu Buche stehen die auf dem vereinseigenen Stadion lastenden Schulden in Höhe von rund 20 Millionen Euro. Die 29.000 Zuschauer fassenden DKB-Arena ist kein Schmuckstück, die letzte Renovierung schon fast vierzehn Jahre her, der Zuschauerschnitt liegt bei etwas mehr als 9.000. Der bilanzielle Buchwert des Stadions beträgt 12 Millionen Euro, den aktuellen Verkehrswert sieht Hansa-Boss Dahlmann aber eher im Bereich von 30 Millionen Euro, wie er mit Verweis auf ein Wertgutachten gegenüber FINANCE erklärt.

Mit dem Stemmen von Zins und Tilgung für den Stadionkredit ist Hansa derzeit überfordert. Seitdem der Klub in der Dritten Liga kickt, ist die Tilgung ausgesetzt. Wiederaufgenommen werden könnte sie wohl nur nach einem Aufstieg in die Zweite Liga, und der zeichnet sich nicht ab. Aktuell steht Hansa im Niemandsland der Tabelle auf Platz 10.

Aber man muss anerkennen, dass es Dahlmann gelungen ist, den finanziellen Aderlass zu stoppen, der Hansa um ein Haar in die Tiefe gezogen hätte. Im vergangenen Geschäftsjahr wurde ein horrender operativer Verlust von 2 Millionen Euro eingefahren – bei einem Etat von rund 10 Millionen Euro. Dahlmann beziffert die bereits realisierten Einsparungen auf 2,2 Millionen, weitere 1,6 Millionen sind avisiert. Damit hat er es geschafft, den Etat einigermaßen auszugleichen: Dieses Jahr soll das Minus auf 152.000 Euro zurückgehen. Und es hat  gereicht, um Steuerschulden in Höhe von 1,1 Millionen Euro zurückzuzahlen – auch keine schlechte Idee für ein Wirtschaftsunternehmen, das am Tropf des Steuerzahlers hängt. 

Neu-CFO Christian Hüneburg soll Hansa retten

Doch mit dem Schuldenschnitt musste Hansa auch eine dicke Kröte schlucken: Nicht nur die Schulden, auch die Kontokorrentlinien sind gestrichen. Der Klub hat nun kein Überziehungslimit mehr, er muss mit dem auskommen, was er erwirtschaftet.

Für diese schwere Aufgabe hat sich der Sanierer Dahlmann im November vergangenen Jahres einen neuen Finanzchef an seine Seite geholt: Christian Hüneburg soll mithelfen, die Kogge wieder in ruhige See zu navigieren. Mit Härtefällen kennt sich Hüneburg aus. Vor seinem Einstieg beim FC Hansa war er Controlling-Chef beim 1. FC Nürnberg, einem Klub, bei dem der Tanz am Rande der Zahlungsunfähigkeit ja quasi zur Vereinsphilosophie gehört.

Nach dem Schuldenerlass könnten Dahlmann und Hüneburg nun als nächsten Sanierungsbeitrag womöglich auf die Unzufriedenheit eines deutschen Nationalspielers beim großen FC Bayern setzen. Toni Kroos fühlt sich nicht ausreichend wertgeschätzt und kokettiert mit einem Wechsel in die Premier League.

Dahlmann wird jeden Morgen Stoßgebete in den Himmel schicken, dass Kroos und Bayern-Coach Pep Guardiola sich wegen des Parkplatzes am Trainingsgelände in die Wolle kriegen. Denn sollte Kroos nach der WM tatsächlich nach England gehen, würde der FC Hansa, in dessen Jugendakademie Kroos das Kicken lernte, ordentlich mitkassieren. Dem Land Mecklenburg-Vorpommern würde das jedoch nicht mehr helfen. Die zweieinhalb Millionen aus der Landesbürgschaft sind endgültig dorthin geflossen, wo Uli Hoeneß 1976 seinen legendären Elfmeter hingejagt hat – ins große schwarze Nichts.  

Info

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