Der Hamburger SV hat offenbar einen weiteren Unternehmer gefunden, der Geld in den klammen Bundesligaklub stecken will. Presseberichten zufolge prüft der unlängst zurückgetretene langjährige Chef des Weinhändlers Hawesko, Alexander Margaritoff, den Kauf von Anteilen im Wert von mehreren Millionen Euro. Margaritoff hatte vor wenigen Monaten den Kampf um die Macht bei Hawesko gegen seinen Aufsichtsrat Detlev Meyer verloren und sich zurückgezogen. Seitdem hat er Zeit für seine Hobbys – dazu gehört offenbar auch Fußball.
Dem HSV kann das nur recht sein. Anteile in kleinen Paketen an verschiedene Unternehmer abzugeben, ist aus Sicht des Vereins sinnvoll – wenn der HSV die gesamten zur Verfügung stehenden 25 Prozent an einen einzigen dominanten Investor abgegeben hätte, wäre der Klub diesem ausgeliefert.
Skeptiker hatten befürchtet, dass genau das durch das Konzept , „HSV Plus“ und die Auslagerung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft passieren würde. Doch der Milliardär Klaus-Michael Kühne, den viele schon als designierten Klub-Zampano sahen, hat im Januar „nur“ 7,5 Prozent der HSV-Anteile erworben und dafür auf die Rückzahlung von Schulden in Höhe von 18,75 Millionen Euro verzichtet, die der HSV bei ihm hatte. Wenig später kaufte der Agrar-Unternehmer Helmut Bohnhorst 1,5 Prozent für 4 Millionen Euro.
Der HSV hat wieder Luft zum Atmen
All diese Deals sind keine Meilensteine. Doch trotz der katastrophalen Figur, die der HSV zuletzt gemacht hat – nicht nur auf dem Platz –, sind leichte Zeichen der Besserung nicht mehr zu übersehen. Die Gelder von Bohnhorst und von Kühne, der außerdem für 16 Millionen Euro die Namensrechte des Stadions erwarb, decken zumindest die Verluste ab, die der HSV auch in der Saison 2013/14 wieder eingefahren hat. Das waren knapp 12 Millionen Euro. Und sie reichen wahrscheinlich auch noch zum Stopfen der Löcher aus der abgelaufenen Saison, die ähnlich groß gewesen sein dürften.
Damit hat der HSV dank des neuen Finanzchefs Frank Wettstein jetzt erst einmal wieder Luft zum Atmen. Erst im Jahr 2019 werden wieder nennenswerte Verbindlichkeiten fällig: 17,5 Millionen Euro aus der Fananleihe und 6,25 Millionen Euro, die Kühne noch offen stehen hat. Diese Atempause braucht der HSV angesichts der anhaltend hohen Verluste aber auch, um liquide zu bleiben. Denn im sportlichen Bereich sind die Defizite groß und die Altlasten bedrohlich. So musste der HSV eingestehen, dass er am Stichtag 30. Juni 2014 anderen Vereinen noch fast 20 Millionen Euro aus vergangenen Transfers schuldet. Auch das muss bezahlt werden, vor allem wenn man für Neuverpflichtungen und Gehälter so viel Geld ausgibt, wie es der HSV bis vor kurzem getan hat.
Der HSV rüstet ab
Jetzt scheint langsam Vernunft einzukehren: Auf dem Transfermarkt agiert der HSV in diesem Sommer zurückhaltend wie lange nicht mehr. Dass Emir Spahic kommt, ist eher ein atmosphärisches als ein finanzielles Wagnis – der nicht unumstrittene Manndecker ist bei Bayer Leverkusen rausgeflogen, weil er nach einem Spiel zusammen mit Kumpels ein paar Ordner verprügelt hatte.
Der Abgang der Topverdiener van der Vaart, Rajkovic, Westermann und Jansen dürfte derweil den Gehaltsetat um fast 10 Millionen Euro entlasten. Aber dass die Kaderkosten tatsächlich unter die kritische Marke von 40 Millionen Euro fallen und der HSV nachhaltig Transferüberschüsse erwirtschaftet, werden die Fans weder in den noch nicht vorliegenden Zahlen zur Saison 2014/15 sehen, noch in der Bilanz der jetzt beginnenden Saison.
Die Quittung der Misswirtschaft kommt jetzt
Kühne, Bohnhorst und Margaritoff tätigen also ein hochriskantes Geschäft, schließlich ist der HSV weit davon entfernt, über den Berg zu sein. Das Missmanagement der vergangenen Jahre hat den Klub ohne Frage geschwächt. Lange Jahre hat der HSV versucht, die Schwachstellen mit sinnlosen Millionenausgaben zu übertünchen. Das geht nun nicht mehr, in dieser Saison wird den HSV seine Vergangenheit erstmals richtig einholen. Der Kader wird abgerüstet, um die Finanzen zu konsolidieren. Das kostet Qualität, und das mittelfristig wiederum Geld.
So hat der HSV in der abgelaufenen Saison mal wieder einen Platz im TV-Gelder-Ranking der Bundesliga eingebüßt und rangiert jetzt nur noch auf Rang 14. Finanzchef Wettstein wird in der nächsten Saison dadurch ein halbe Million Euro weniger TV-Einnahmen verbuchen können als in der Vorsaison. Das ist vor allem deshalb bitter, weil die TV-Erlöse der Bundesliga insgesamt deutlich steigen und Konkurrenten wie Frankfurt, Hoffenheim und Augsburg allesamt einige Millionen mehr kassieren werden als zuletzt. Der HSV kämpft, aber das Licht am Ende des Tunnels könnte noch immer der entgegenkommende Zug sein.
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Schuldenberg bei Schalke 04, Sponsorencoup bei Bayern München, Wackelige Finanzen beim VfB Stuttgart: Mehr Beiträge aus dem FINANCE-Blog „3. Halbzeit“ finden Sie hier. Folgen Sie 3. Halbzeit auch auf Facebook und diskutieren Sie mit.
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Wer ist der Mann, der um die Sanierung der HSV-Finanzen kämpft? Erfahren Sie mehr im FINANCE-Köpfe-Profil von HSV-Finanzchef Frank Wettstein.