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SC Freiburg: Neues Stadion, eisiger Gegenwind

Die Fans haben es so gewollt: Die Stadt sagt
picture-alliance / Sven Simon

Darf der SC Freiburg am Rande der Stadt ein neues Stadion bauen? Die Bürgerbefragung zu diesem Thema war für den Sportclub bei weitem keine so gemähte Wiese wie der Strafraum von Eintracht Frankfurt beim 4:1-Heimerfolg in der vorigen Woche, dem bislang einzigen in der Rückrunde. Lange haben die Vereinsverantwortlichen in der Stadion-Frage gezittert. Als schließlich klar war, dass 58 Prozent der Bürger für das neue Stadion votiert hatten, knallten beim SC Freiburg die Sektkorken so laut, dass manche behaupten, es bis oben im Schwarzwald gehört zu haben.

Kein Wunder, schließlich hatte der SC das neue Stadion im Vorfeld zur Schicksalsfrage erklärt. Und tatsächlich ist es für die Zukunft des SC Freiburg immens wichtig, dass der Verein ab 2019 in einer größeren, hochwertigen und modernen Arena kicken kann. Die Weichen dafür sind nun gestellt.

Spielerverkäufe lassen die Kasse des SC Freiburg klingeln

Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick auf die Finanzlage des SC Freiburg, denn dem Bundesligisten droht in den kommenden Jahren einiges an Gegenwind. So gut wie zuletzt wird es dem SC Freiburg in den kommenden Spielzeiten jedenfalls ziemlich sicher nicht mehr gehen: In der Saison 2013/14 fuhren die Breisgauer dank der sensationellen Teilnahme an der Europa-League einen Rekordumsatz von 70 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 12,8 Millionen Euro ein. Die Europa League hatte auch Eintracht Frankfurt 2013/14 auf eine neue Umsatz- und Ertragsebene gehievt.

Im Jahr davor hatten Spielerverkäufe für ein sensationelles Ergebnis des SC Freiburg gesorgt: Allein der Verkauf der vier Leistungsträger Flum, Makiadi, Kruse und Caligiuri brachte im Geschäftsjahr 2012/13 10 Millionen Euro Ablösesumme. Und die Kasse klingelt weiter. In der laufenden Saison wird der SC einen großen Teil der Ablösesummen für Torwart Oliver Baumann (5,5 Millionen Euro) und Weltmeister Matthias Ginter (10 Millionen Euro) verbuchen. Auch die Bilanz 2014/15 wird also gut aussehen, das steht jetzt schon fest.

Der aktuelle Umsatzsockel reicht nicht für die Bundesliga

Aber wo stünde der SC ohne Sondereffekte wie die Mega-Transfers und die Europacup-Teilnahme, die alles andere als planbar sind? In der Saison 2012/13 setzten die Freiburger 50 Millionen Euro um, und auch das nur, weil sie ins DFB-Pokal-Halbfinale vorgedrungen waren. Man kann es drehen und wenden wie man will: Mit dem aktuellen Stadion, das 24.000 Zuschauer fasst und keine einzige Loge hat, ist irgendwo zwischen 50 und 60 Millionen Euro Umsatz der Deckel drauf.

Um sich nachhaltig in der Bundesliga zu etablieren, reicht das nicht – zumal die TV-Gelder nicht mehr lange so üppig sprudeln werden, wie sie es derzeit noch tun: Als Neunter im Fünfjahres-Ranking der Bundesliga kassiert der SC Freiburg in der Liga aktuell 30 Millionen Euro allein aus dem TV-Vermarktungstopf der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Doch es ist absehbar, dass der SC Freiburg diesen guten Rang nicht lange wird halten können – von der nächsten Saison an werden die Freiburger wohl mit einigen Millionen weniger an TV-Geldern auskommen müssen.

Einen Großteil der Baukosten hat der SC Freiburg schon angespart

Das neue Stadion könnte diese Lücke schließen: Zwischen 3 und 5 Millionen Euro zusätzliche Zuschauereinnahmen pro Jahr erhofft sich der SC Freiburg. Hinzu kämen noch deutliche Mehrerlöse aus dem dann erweiterten Hospitality-Bereich, der Geschäfte wie Catering und Logen-Vermietung umfasst. Alles zusammengerechnet, könnte der SC dank des neuen Stadions ab 2019 einen Umsatzsockel erklimmen, den er heute nur mit Spielerverkäufen und außerplanmäßigen Europacup- und DFB-Pokal-Einnahmen erreichen kann.

Dank der soliden Finanzpolitik der vergangenen Jahre hat der SC Freiburg gute Karten, die Zeit bis dahin zu überstehen. Schließlich haben die seriösen Badener von den Überschüssen der vergangenen Jahre schon 15 Millionen Euro für den Stadionbau zur Seite gelegt. Das ist der Löwenanteil der 20 Millionen, die der SC insgesamt zum neuen Stadion beisteuern muss. Den Rest der geschätzten Baukosten von insgesamt 70 Millionen Euro wird über Kredite, eine Finanzspritze des Landes Baden-Württemberg (11 Millionen Euro) sowie eine Beteiligung der landeseigenen Rothaus-Brauerei (13 Millionen Euro) finanziert. Die 47 Millionen Euro teure Infrastruktur rund um das Stadion bezahlt ebenfalls Vater Staat.

Im nächsten Jahrzehnt sicher unter den Top 25 des deutschen Fußballs

Gehen die Kalkulationen auf – was bei solchen Großprojekten bekanntlich nie sicher ist –, wäre der SC Freiburg anschließend gegenüber vielen Konkurrenten sogar im Vorteil: Um die Finanzierungskosten des Stadionneubaus abzutragen, wird der SC eine Pachtzwischen 2,3 Millionen Euro in der 2. Liga und 3,6 Millionen Euro in der Bundesliga bezahlen müssen. Das ist weniger als die meisten anderen Bundesligisten an Miete oder Pacht bezahlen und wäre sogar in der 2. Liga keine allzu große Hypothek.

Wenn es den SC Freiburg trotz seiner beschränkten finanziellen Möglichkeiten bis dahin sportlich nicht zerlegt, stehen die Chancen also gut, dass der ewige Underdog sich im kommenden Jahrzehnt nachhaltig in den Top 25 der deutschen Fußballklubs etabliert. An einem kleinen Standort wie Freiburg und ohne Investor oder Mäzen im Rücken wäre das eine ganz bemerkenswerte Leistung.

Info

Überlebenskampf bei Werder Bremen, Banges Hoffen bei Eintracht Frankfurt, Finanz-Irrsinn beim Hamburger SV: Mehr Beiträge aus dem FINANCE-Blog „3. Halbzeit“ finden Sie hier. Folgen Sie 3. Halbzeit auch auf Facebook und diskutieren Sie mit.