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Banken zwingen Unternehmen zum Iran-Exit

Seit zweieinhalb investieren deutsche Unternehmen wieder im Iran, doch nun droht vielen das Aus.
BornaMir/iStock/Thinkstock/Getty Images

Für deutsche Autobauer und ihre Zulieferer heißt es ab dem kommenden Montag: Iran oder USA. Denn dann greift die erste Stufe der US-Sanktionen gegen die Islamische Republik – und diese verbieten unter anderem sämtliche Transaktionen mit dem iranischen Automobilsektor.

Dass diese Geschäfte nach europäischem Recht weiterhin erlaubt sind, nutzt den betroffenen Firmen wenig. Denn bei Verstößen gegen amerikanische Vorgaben droht den Unternehmen der Ausschluss vom deutlich größeren US-Markt. Die Folge ist klar: „Das Gros der deutschen Unternehmen zieht sich aus dem Iran zurück“, beobachtet José Campos Nave, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Rödl & Partner. 

Seiner Schätzung zufolge wird nur etwa jeder zehnte Mandant, der nach Inkrafttreten des Atomabkommens Anfang 2016 wieder Iran-Geschäft aufgebaut hat, im Land bleiben: „Die Rechtslage ist von den USA bewusst vage gehalten. Vielen Unternehmen ist das Risiko daher schlicht zu hoch.“ 

Zwar hatte die EU-Kommission bereits im Juni Entschädigungen für Unternehmen in Aussicht gestellt, die im Iran bleiben und dafür von den USA sanktioniert werden. Dem Rechtsanwalt zufolge sind diese Zusagen aber wenig wert: „Auf welcher Basis sollen diese Entschädigungen denn berechnet werden?“, fragt Campos Nave rhetorisch. 

„Die Rechtslage ist von den USA bewusst vage gehalten. Vielen Unternehmen ist das Risiko daher schlicht zu hoch.“

José Campos Nave, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Rödl & Partner

Trapped Cash im Iran

Das Fatale an der Situation: Nicht nur die direkt von den US-Sanktionen betroffenen Branchen leiden. Neben der für Deutschland wichtigen Automobilindustrie zählt auch die zivile Luftfahrt dazu, außerdem Unternehmen, die bestimmte Metalle und Rohstoffe handeln.

Ab dem 4. November sanktionieren die Amerikaner dann auch Geschäfte mit dem iranischen Energiesektor sowie die Bereiche Schifffahrt und Finanzdienstleistungen. Letzteres stellt selbst jene Unternehmen, die weiterhin Geschäfte mit dem Iran betreiben könnten, vor eine massive Hürde: Sie finden schlichtweg keine Bank mehr, die Zahlungen für ihre Iran-Geschäfte abwickelt, geschweige denn Finanzierungen stellt.

Den Rückzug der Banken spüren selbst die Unternehmen, die ihr Iran-Geschäft wegen der Sanktionen gerade einstampfen: Der Treasury-Chef eines in der Energiebranche tätigen Mittelständlers berichtete kürzlich gegenüber FINANCE, er finde keine Bank, die das Geld von den iranischen Konten nach Deutschland überweist. Das Unternehmen wird den sechsstelligen Betrag wohl abschreiben müssen – oder aber das Geld in bar nach Hause holen.  

Iran droht der erneute Swift-Bann

In der Phase von 2012 bis Anfang 2016 waren solche Bargeldtransfers über Mittelsmänner zwar nicht die Regel, aber auch keine Seltenheit. In dieser Zeit waren die iranischen Banken vom Finanznachrichtendienstleister Swift abgeklemmt, über dessen Netzwerk weltweit mehr als 10.000 Banken miteinander kommunizieren. Ohne diesen Mechanismus war faktisch kein grenzüberschreitender Zahlungsverkehr mit dem Iran möglich, der internationale Handel des Landes brach ein.

Auch diese schärfste aller Sanktionswaffen wollen die USA ab dem 4. November wieder in Kraft setzen. Ob es dazu kommt, ist aber noch unklar. Denn anders als 2012 möchte die EU dieses Mal nicht mitziehen. Sie hat sogar eine Gesetzgebung auf den Weg gebracht, die es Swift verbieten würde, iranische Banken von ihrem Netzwerk abzuschneiden. Verabschiedet ist dieses Abwehrgesetz aber noch nicht. Der Finanznachrichtendienstleister erklärte auf Anfrage, man spreche derzeit sowohl mit den Behörden in der EU als auch in den USA, um Klarheit zu erlangen. 

Banken ziehen sich aus dem Iran zurück

Doch selbst wenn die Banken technisch weiterhin in der Lage wären, Zahlungen auszuführen – sie tun es schlicht nicht. Zu groß ist die Angst der europäischen Großbanken, vom wichtigen US-Dollar-Geschäft ausgeschlossen zu werden. Zu präsent sind auch noch die drakonischen Strafzahlungen, die die amerikanischen Behörden zwischen 2012 und 2015 gegen mehr als 20 Banken verhängt hatten. Die Rekordstrafe von knapp 9 Milliarden US-Dollar entfiel damals auf die BNP Paribas, die Commerzbank musste 1,45 Milliarden Dollar zahlen.

„Ich kenne keine westliche Bank, die ab August noch Iran-Zahlungen durchführt.“ 

José Campos Nave

Selbst nach Inkrafttreten des Atomabkommens blieb daher die Sorge ob der volatilen Iran-Politik der Amerikaner bestehen. Als CFO musste man schon ein sehr wichtiger Firmenkunde für die jeweilige Bank sein und entsprechende Verhandlungsmacht besitzen, um Iran-Geschäfte finanziert zu bekommen. Gerade kleinere Mittelständler hatten kaum eine Chance.

In die Bresche sprangen ab 2016 die Sparkassen und Landesbanken sowie die Genossenschaftsbanken mit ihrem Spitzeninstitut DZ-Bank, die zögerlich wieder Geschäftsbeziehungen mit iranischen Banken aufnahmen. Doch selbst diese Institute ziehen sich nun wieder aus der Islamischen Republik zurück: „Ich kenne keine westliche Bank, die ab August noch Iran-Zahlungen durchführt“ , sagt Iran-Experte Campos Nave. „Faktisch haben damit auch nicht-sanktionierte Branchen keine Chance mehr, weiterhin im Iran tätig zu sein.“ 

Iran-Geschäft autark aufstellen

Wer seine Produkte dennoch weiterhin in das Land exportieren möchte, muss improvisieren. Campos Nave berichtet etwa von einem in der Lebensmittelbranche tätigen Mandanten, der sein Iran-Geschäft finanziell künftig völlig autark aufstellt: „Die Einnahmen bleiben auf iranischen Konten liegen und finanzieren zugleich das lokale Geschäft.“ Möglich ist das allerdings auch nur deshalb, weil das lokale Geschäft gute Cashflows abwirft und nicht besonders investitionsintensiv ist.

Unternehmen, die sich den Luxus eines autarken Iran-Geschäfts nicht leisten können, sollten nach China, Russland oder in die Türkei schauen, rät der Rechtsanwalt: „In diesen drei Ländern finden sich Banken, die Iran-Geschäfte unterstützen könnten.“

Und zu guter Letzt bleibt die Hoffnung, dass es sich US-Präsident Donald Trump auf den letzten Metern doch noch einmal anders überlegt. Immerhin will er sich nun mit der iranischen Regierung treffen. Planen können Unternehmen mit einer Lösung des Konflikts aber nicht.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de