Die türkische Notenbank will die massive Abwertung der türkischen Lira stoppen und die Volatilität an den heimischen Märkten abschwächen. Die aktuell lockere Geldpolitik solle mit kurzfristigen Maßnahmen gestrafft werden, gab die Zentralbank heute Morgen in Ankara bekannt. In einem ersten Schritt könnten so die Offenmarktgeschäfte reduziert werden, mit denen sich die türkischen Banken am Markt mit Liquidität versorgen. Zudem behielt sich die Notenbank vor, mit dem Verkauf von Fremdwährungen oder einem direkten Eingriff an den Devisenmärkten zu intervenieren. Die Lira reagierte auf die Ankündigung mit Zugewinnen.
Als Auslöser der Entscheidung nannte die Zentralbank zwar „internationale und heimische Entwicklungen“, der zeitliche Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ist jedoch offenkundig. Die türkische Landeswährung hat seit Beginn der Proteste vor rund zwei Wochen sowohl auf den Euro als auch auf den Dollar rund 3 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Auch die Kapitalmärkte sind unter erheblichen Druck geraten: Anfang Juni hatte der Aktienmarkt der Türkei die größten Verluste seit Oktober 2008 hinnehmen müssen, zu Beginn des Monats war der National 30 Index um mehr als 8 Prozent auf 96.992 Punkte abgerutscht. Seitdem ging es stetig weiter bergab, gestern Abend schloss die Istanbuler Börse bei 93.787 Punkten. Zum Vergleich: In der Finanzkrise war der ISE-30 zeittweilig auf 30.000 Punkte gefallen, hatte sich dann aber kontinuierlich erholt und notierte Anfang dieses Jahres bei über 115.000 Punkten.
Das Vertrauen ausländischer Investoren in die türkischen Märkte und die Politik ist seit Längerem angeschlagen. Analysten warnen seit Wochen, dass dem Land nicht Schlimmeres passieren könnte, als in alte Zeiten autokratischer Regime zurückzufallen. Seit Ende Mai versammeln sich täglich Tausende Demonstranten auf dem Taksim-Platz in Istanbul. Die Proteste richten sich gegen die islamisch-konservative Politik von Erdogans Regierungspartei AKP. Die Demonstranten werfen dem Ministerpräsidenten vor, sich wie ein Despot aufzuführen und zunehmend Grundrechte einzuschränken und das Land zu militarisieren.