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Deutsche CFOs sehen Wachstum (und Wettbewerb) in Asien

Ikarus - Protagonist der griechischen Mythologie - ignorierte Warnungen, wurde übermütig und stürzte ab. Ausgerechnet deutsche CFOs müssen aufpassen, dass ihnen kein ähnliches Schicksal widerfährt.
Thinkstock / Getty Images

Die Stimmungslage in der deutschen Wirtschaft liegt 2013 irgendwo zwischen Optimismus und Ignoranz. Für ihre eigenen Unternehmen und für die deutsche Wirtschaft insgesamt sehen die meisten deutschen CEOs und CFOs solides Wachstum für die kommenden Jahre voraus. Gleichzeitig attestieren sie dem europäischen Ausland allerdings ausgesprochen magere Wachstumsaussichten und setzen stattdessen voll auf Asien als globalem und individuellem Wachstumstreiber. Dass das Wohlergehen der deutschen Wirtschaft aber stark vom Export in die Europäische Union und speziell die Eurozone abhängt, scheinen sie in dieser Logik auszublenden.

Laut einer aktuellen Untersuchung von Roland Berger erwarten 73 Prozent der gut 150 befragten Vorstände in Deutschland für 2014 wirtschaftliches Wachstum hierzulande. Für 2015 liegt der Wert gar bei 80 Prozent. Für Europa erwarten dagegen 59 Prozent eine Stagnation und 13 Prozent gar eine weitere Rezession im kommenden Jahr. Für 2015 liegen die Werte immerhin bei nur noch 28 Prozent (Stagnation) und 5 Prozent (Rezession). Dennoch ist die Diskrepanz in den Wachstumserwartungen erstaunlich. Immerhin exportierte Deutschland 2012 gut 57 seiner Waren und Dienstleistungen nach Europa und nur gut 43 Prozent in den Rest der Welt. Selbst das stärkste Wachstum in Asien kann damit nur partiell die schwächelnden Exportmärkte in Europa kompensieren.

CFOs aufgepasst – Selbstüberschätzung!

Gerade zahlenaffine CFOs sollten also aufpassen, in der Euphorie über kräftiges prozentuales Umsatzwachstum in Asien nicht den oft noch geringen absoluten Wert dieser Geschäfte aus den Augen zu verlieren. Derselbe Effekt zeigt sich auch an anderer Stelle in der Roland Berger-Studie: Gefragt, ob sie von einer starken europäischen Währungsunion profitieren, sagen nur 54 Prozent der Befragten, dies treffe auf ihr eigenes Unternehmen zu; aber 85 Prozent geben an, dies treffe auf deutsche Unternehmen insgesamt zu. Mit anderen Worten: Jeder zweite Vorstand in deutschen Unternehmen ist der Auffassung, besser gegen Risiken im europäischen Umfeld abgesichert zu sein als die meisten seiner Kollegen in anderen Unternehmen. Ein klassischer Fall von Selbstüberschätzung, der hier mit einfachen empirischen Mitteln entlarvt wird.

Bekenntnis zur Bankfinanzierung

Hinsichtlich der Finanzierung ihrer Unternehmen in nächster Zeit setzen deutsche CFOs voll auf Binnenfinanzierung. 89 Prozent der Befragten gaben dies als eine ihrer wichtigsten Finanzierungsquellen an, mit weitem Abstand gefolgt von Bankkrediten (51 Prozent). Eigenkapitalerhöhungen (20 Prozent) und Anleihen (14 Prozent) folgen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Zwar muss die Liste mit Vorsicht genossen werden, weil 70 Prozent der befragten Unternehmen sich als Mittelstand bezeichnen und die Finanzierung über den Kapitalmarkt in dieser Firmenkategorie bislang weniger stark verbreitet ist. Dies zeigt sich auch daran, dass 69 Prozent der Befragten auch in der Vorausschau planen, für künftige Finanzierungen verstärkt auf Bankkredite zurückzugreifen. Dennoch ist dieses deutliche Bekenntnis zur Bankfinanzierung angesichts anhaltender Diskussionen um die wachsende Bedeutung des Kapitalmarktes in Deutschland bemerkenswert.

armin.haeberle[at]finance-magazin.de