Newsletter

Abonnements

HSBC: China wartet auf den deutschen Mittelstand

Der chinesische Binnenmarkt wird weiter wachsen.
Thinkstock / Getty Images

Schwächezeichen aus den Emerging Markets und auch aus China warfen zuletzt einige Zweifel nach der Leistungsfähigkeit auf. So hatte die chinesische Regierung für das Jahr 2014 ein Wachstum des BIP von nur noch 7,5 Prozent angekündigt. Denn so niedrig war der Wert in den letzten zehn Jahren nicht. Ein Grund dafür ist auch das Umsteuern der chinesischen Regierung: Ein sichtbares Zeichen war erst vergangene Woche eine ausgefallene Anleihe von Shanghai Chaori Solar Energy Science & Technology Co. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete, war dies das erste Mal, dass ein chinesisches Unternehmen am chinesischen Kapitalmarkt die Zinsen einer Anleihe nicht mehr zahlen konnte – früher war der Staat in solchen Fällen eingeschritten. Auch die HSBC erkennt einen Trend der chinesischen Regierung, der drohenden Überschuldung Herr zu werden. Weitere Probleme, die China noch lösen muss, sind die Überproduktion und die Überalterung der Gesellschaft.

Dass dies gelingen wird, ist für die HSBC-Banker sicher: Montgomery Ho, Deputy-CEO HSBC China, gewichtet „die Wachstumsfaktoren stärker als die Herausforderungen, vor denen China steht.“ Stephen Price, Bereichsvorstand Firmenkunden bei HSBC Trinkaus, relativierte die vermeintliche China-Schwäche der letzten Monate: China wachse weiterhin mit enormem Tempo. „Im Jahr 2050 ist China die stärkste Wirtschaft der Welt“, ist Ho sicher. Und bereits 2030 wird China der wichtigste Handelspartner Deutschlands sein – derzeit belegt das Reich der Mitte den vierten Platz.

HSBC: Chinas BIP wächst bis 2050 mindestens 5 Prozent

Die HSBC-Experten gehen von einem jährlichen BIP-Wachstum von mindestens 5 Prozent bis 2050 aus, in den nächsten Jahren bleibe der Wert auch bei den derzeitigen 7 Prozent plus. Insbesondere die zunehmende Kaufkraft der Mittelschicht und der dadurch stark vergrößerte Binnenmarkt begründen demnach die Attraktivität Chinas für ausländische Unternehmen. 300 Millionen Menschen soll diese aktuell umfassen. Das ist zwar immer noch ein kleiner Anteil gemessen an der chinesischen Gesamtbevölkerung, aber mehr als die Einwohnerzahlen Russlands, Deutschlands und Frankreichs zusammen. Für 2050 erwartet HSBC sogar einen Anstieg dieser Mittelschicht auf 700 Millionen. 200 Megacities von mindestens einer Million Einwohner, ein Durchschnittseinkommen von knapp 18.000 US-Dollar im Jahr (verglichen mit 2.500 jetzt) – China wird sich modernisieren, weg vom Schwellenland, hin zur Industrienation.

Und dafür benötigt China, so glaubt die im Asiengeschäft stark engagierte Bank, deutsches Know-how. „China bei der Entwicklung zu helfen, bedeutet Profit“, erklärt Ho die Chancen für den deutschen Mittelstand. Ob bei der Verbesserung der Produktion, dem Aufbau von Infrastruktur, Lösungen für die immer größer werdenden Umweltprobleme in chinesischen Großstädten, überall dort liegen Chancen. „Die Exportnation Deutschland ist in China sehr stark unterrepräsentiert", glaubt HSBC-Banker Price. Das Gros deutscher Exporte gehe immer noch in das benachbarte europäische Ausland, der Wert nach China exportierter Waren betrug 2012 laut Auswärtigem Amt lediglich 66,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Laut DIW betrug der Gesamtwert deutscher Exporte 2013 über eine Billion Euro. Vor allem Automobile, Maschinen, Elektrotechnik und chemische Erzeugnisse verlassen demnach Mitteleuropa gen Osten. Branchen, denen HSBC in China aber nur ein verhaltenes Wachstum prophezeit. So würden insbesondere die Medizin-, Bau-, IT- und-Kommunikations- sowie die Elektrobranche mit über 20 Prozent pro Jahr wachsen, die Automobilindustrie immerhin noch zwischen 10 und 20 Prozent, die Wachstumschancen für Maschinen und Chemie liegen noch darunter.

Renminbi wird zur Reserve-Währung

Zudem prognostiziert HSBC eine Entwicklung der chinesischen Währung Renminbi hin zu einer Reserve-Währung. Bereits 2015 werde der innerchinesische Handel zu 30 Prozent in Renminbi stattfinden, 2017 soll die Währung dann frei konvertierbar sein. Im DAX ist der Renminbi bereits jetzt drittstärkste Fremdwährung. Derzeit suchen die Chinesen ein geeignetes Finanzzentrum im kontinentalen Europa, zusätzlich zu London. Ausschlaggebend für die Entscheidung könnten die aktuellen Handelsbeziehungen und die Investitionen aus dem Ausland sein, glaubt Montgomery Ho, der Frankfurt und Paris gute Chancen einräumt.

sebastian.kapp[at]finance-magazin.de