Frankreich baut einen neuen Staatsfonds gegen aktivistische Investoren. Wie die FAZ heute berichtet, will die französische Regierung gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und privaten institutionellen Investoren einen Fonds lancieren, der großen französischen Unternehmen zur Seite springen soll, wenn sie ins Visier von aggressiven Hedgefonds geraten.
Bruno Le Maire, der französische Finanzminister, stört sich schon länger daran, dass die M&A-Aktivisten – vor allem aus den USA – große französische Unternehmen unter Druck setzen. Hohe Wellen schlug es in Frankreich, als 2018 der Hedgefonds Elliott drastische Kosteneinsparungen von dem französischen Getränkehersteller Pernod Richard forderte. Elliott ist auch an vielen deutschen Unternehmen beteiligt, darunter an den Dax-Konzernen Bayer und SAP. Der Hedgefonds war auch die treibende Kraft hinter der Aufspaltung von Scout24.
Paris will die französischen Unternehmen nun vor derartigen Kampagnen beschützen, und zwar schon prophylaktisch. Um Aktivistenattacken in Zukunft vorzubeugen, soll der neue Fonds „ein stabiles und langfristiges Aktionariat der größten französischen Unternehmen sichern“, sagte Le Maire. Geplant ist, Beteiligungen an rund 15 französischen Großkonzernen aufzubauen, die an der Börse mehr als eine halbe Milliarde Euro auf die Waage bringen.
Franzosen bestimmen Investmentauswahl alleine
Der Staatsfonds, der den Namen Silbersee trägt, soll im April starten und anfangs 4 Milliarden Euro verwalten. Die staatliche französische Investitionsbank BPI – vergleichbar mit der KfW in Deutschland – steuert 1 Milliarde Euro bei. Eine weitere Milliarde soll von privaten institutionellen Investoren insbesondere aus Frankreich kommen – genannt wird der Axa-Konzern. Die Gelder der arabischen Partner stammen aus dem Staatsfonds Mubadala, die Verträge sind bereits unterzeichnet. Für die vierte Milliarde sollen Kredite aufgenommen werden.
Langfristig soll der Topf sogar eine Größe von 10 Milliarden Euro erreichen. Zu diesem Zweck will Frankreich weitere ausländische Investoren, zum Beispiel aus Nordamerika, ins Boot holen. Wie eine BPI-Sprecherin gegenüber der FAZ sagte, ist die Investitionsbank auch offen gegenüber Investments von weiteren Staatsfonds sowie von Family Offices.
Über die Auswahl der Zielunternehmen soll die BPI, die selbst bereits Anteile an jedem zweiten CAC-40-Konzern hält, allein entscheiden. Auch Mubadala erhält kein Mitspracherecht und wird lediglich „stiller Teilhaber“. Die Beteiligungen sollen so groß sein, dass der Staatsfonds in jedem Fall auch Vertreter in den jeweiligen Verwaltungsrat der Zielunternehmen entsenden darf.
Kommen Aktivisten jetzt öfter nach Deutschland?
Mit dem neuen Fonds schottet Paris den französischen Markt noch stärker als bislang schon gegen aktivistische Investoren ab. Neben BPI und dem neuen Staatsfonds existieren in Frankreich noch viele weitere staatlich gelenkte Fonds und Institutionen, die sich direkt an französischen Unternehmen beteiligen.
Die französische Strategie könnte auch Folgen für deutsche Großkonzerne haben: Wenn die aggressiven Investoren in Frankreich auf zu hohe Hürden treffen, könnten sie verstärkte auf den zweiten großen Markt in Kontinentaleuropa ausweichen. Das ist Deutschland. Es gibt bislang keine Hinweise, dass die Bundesregierung konkret an ähnlichen Fonds arbeitet, die Paris zum Schutz der eigenen Konzerne in Stellung gebracht hat.
FINANCE-Themenseite
Allerdings lässt die Zahl der aktivistischen Kampagnen gegen europäische Unternehmen nach drei sehr starken Jahren seit zwei Jahren wieder etwas nach. In Kontinentaleuropa kam es im vergangenen Jahr nach Daten der Kommunikationsberatung Kekst CNC zu weniger als 100 Aktivistenattacken. Weltweit wurden 17 Prozent weniger aktivistische Kampagnen gegen Unternehmen gestartet.
Info
Aktivisten wie Cevian oder Elliott werden auch in Deutschland immer stärker. Wen sie im Visier haben, erfahren Sie auf der FINANCE-Themenseite aktivistische Investoren.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.