Wolfgang Schäuble spricht sich nun doch wieder gegen die Finanztransaktionssteuer aus. Nachdem er erst dafür war. Und zuallererst schon immer dagegen. Die Steuer soll viel können und wenig kosten. Sie soll vor allem die Volatilität auf den Hochfrequenzhandelsmärkten verringern und dabei die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate, so die EU, zwischen 0,5 und allerhöchstens 1,7 Prozent negativ belasten. Die Arbeitslosigkeit würde um höchstens 0,2 Prozent steigen. Gleichzeitig sollte die Steuer, je nach Variante und Bemessungsbreite, auf europäischer Ebene jährlich zwischen 43 und 433 Milliarden Euro einbringen.
Allerdings ist eine Finanztransaktionssteuer an allen Ecken und Enden von Unsicherheiten und Unwägbarkeiten geprägt. Wird es zu Verlagerungen von Banken im großen Stil kommen? Man weiß es nicht. Macht es Sinn, Banken am einen Ende mit Kapitalspritzen zu stützen und gleichzeitig mit einer Transaktionssteuer zu belasten? Vermutlich nicht. Und werden die Banken die Steuer überhaupt bezahlen? Das werden wohl eher die Bürger über ihre Gebühren bei Pensionsfonds und sonstigen Geldanlagen tun.
Sicher ist aber, dass ein politisches Hin und Her, wie es bei der Transaktionssteuer vorexerziert wird, immense Kosten verursacht. Es scheint, als ob die Finanztransaktionssteuer von Angela Merkel nicht aus wirtschaftlicher Überzeugung sondern als politische Wahlkampfhilfe für Nicholas Sarkozy gefördert wurde. Jetzt kassiert Schäuble Deutschlands Position – zum wiederholten Mal.
Statt einer Steuer auf Finanztransaktionen sollte die EU daher lieber eine Steuer auf ständige politische Kurswechsel und Hochfrequenzmeinungsänderungen führender Politiker in Erwägung ziehen. Denn diese verursachen nicht nur materielle Kosten durch vergeudete Arbeitszeit in den Ministerien, sondern vor allem auch politische. Jeder Gipfel, der durch eine von vornherein zum Scheitern verurteilte Kontroverse blockiert wird, ist eine verpasste Chance, andere Themen gemeinsam anzugehen. Und jeder Richtungswechsel eines großen Landes wie Deutschland untergräbt das Vertrauen der anderen EU-Staaten und der Bevölkerung in die europäischen Institutionen. Und was hierdurch an wirtschaftlichem Schaden entsteht, stellt jeden Finanzjongleur bei weitem in den Schatten.