Die USA drängen die EU zu härteren Sanktionen gegen Russland – dabei haben die Amerikaner mit der Verschärfung ihrer Strafmaßnahmen für einige europäische Unternehmen längst Fakten geschaffen. Nach dem Abschuss der malaysischen Passagiermassage MH17 über der Ostukraine haben die USA zentrale Unternehmen der russischen Wirtschaft wie etwa die Energieriesen Rosneft und Novatek auf ihre schwarze Liste gesetzt. US-Unternehmen dürfen mit diesen Konzernen keine Finanzgeschäfte mehr betreiben, der Zahlungsverkehr wird erschwert. Für deutsche Firmen gilt das US-Verbot zwar streng genommen nicht – allerdings können die Sanktionen sie über verschiedene Kanäle mittelbar dennoch einschränken.
So sollten Unternehmen mit US-Tochtergesellschaften vorsichtiger im Russlandgeschäft sein, gleiches gilt für die deutschen Töchter amerikanischer Unternehmen. Denn die US-Gesellschaften müssen sich den amerikanischen Sanktionen beugen, wie Hartmut Häselbarth, Sanktionsrechtsexperte bei Shearman & Sterling im Interview bei FINANCE-TV erläutert: „Ist die handelnde Person im Konzern eine US-Person, gilt das amerikanische Recht.“ Im Zweifel dürfte es jedoch nicht immer einfach nachzuweisen sein, wer innerhalb des Konzerns für eine Transaktion zuständig ist. Eine saubere Dokumentation der Geschäfte ist daher besonders wichtig.
Sanktionen: Der Fall BNP Paribas schreckt auf
Doch auch Unternehmen, die im US-Business ohne eigene Gesellschaft auskommen, könnten die Sanktionen zu spüren bekommen: Denn aus Angst um die eigene Reputation legen amerikanische Firmen schon einmal Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen auf Eis, wenn diese auch mit Unternehmen auf der schwarzen Liste Geschäfte machen. Außerdem könnten amerikanische Behörden damit drohen, dass US-Geschäft von EU-Unternehmen zu beschneiden, wenn diese sich nicht an die US-Sanktionen halten. „Im Falle von Russland haben wir das bisher noch nicht gesehen“, sagt Konrad Walter, Rechtsanwalt und Experte für Öffentliches Wirtschaftsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle. „Beim Iran- oder Syrien-Embargo war es allerdings häufiger der Fall.“
Der Rechtsanwalt beobachtet bereits Fälle, in denen deutschen Firmen sich an die härteren US-Sanktionen halten, obwohl sie dies streng genommen nicht müssten. Denn Sanktionen implizieren nicht zuletzt ein psychologisches Momentum: Sie schüren Unsicherheit. Von den Behörden ist das beabsichtigt, die Unternehmen stellt dies allerdings vor Probleme: Was erlaubt und was verboten ist, ist oft schwer zu verstehen – der Grad ist schmal und die Vorschriften ändern sich regelmäßig.
Darüber hinaus haben die Vereinigten Staaten zuletzt einige klare Signale gesetzt, dass sie Verstöße hart ahnden: Die BNP Paribas haben die US-Behörden mit der horrenden Strafsumme von 8,9 Milliarden Dollar belegt und die französische Großbank zudem für ein Jahr vom Dollarclearing ausgeschlossen. Hierzulande steht die Deutsche Forfait am Rande des Abgrunds, weil sie gegen amerikanische Iran-Sanktionen verstoßen haben soll und nun für alle Transaktionen auf US-Dollar-Basis gesperrt ist. Diese Fälle haben vor allem Finanzinstitute, aber auch Industrieunternehmen aufgeschreckt.
Unternehmen können von Dollar auf Euro umstellen
Der Einfluss der amerikanischen Sanktionen ist auch deshalb so groß, weil er sich über die heimische Währung erstreckt – und der US-Dollar ist weltweit bekanntlich die meistgenutzte Handelswährung. Um den US-Sanktionen gegen Russland aus dem Weg zu gehen, könnten deutsche Unternehmen von der Dollar-Fakturierung auf den Euro umstellen, sagt Rechtsanwalt Walter.
Bestehende Verträge mit russischen Firmen aufgrund von amerikanischen Sanktionen zu kappen, könnte für deutsche Unternehmen ebenfalls unangenehme Folgen haben. In diesem Fall drohen Ihnen Schadensersatzforderungen von den russischen Geschäftspartnern. „Unternehmen sind zwar von Schadensersatzansprüchen befreit, wenn sie sich an Sanktionen halten“, sagt Walter. Das gelte aber nur, wenn sie sich an die Sanktionen halten müssen – was bei US-Sanktionen jedoch nicht unbedingt der Fall ist. So stehen deutsche Firmen unter Umständen vor dem Dilemma, sich zwischen amerikanischen und russischen Geschäftspartnern entscheiden zu müssen.