China ist so gut wie am Ziel: Heute in einer Woche wird der Internationale Währungsfonds (IWF) aller Voraussicht nach dafür stimmen, den Renminbi in den Korb der Sonderziehungsrechte (SDR) aufzunehmen. Die chinesische Währung wäre damit nach dem US-Dollar, dem Euro, dem britischen Pfund und dem japanischen Yen die fünfte Währung, die den Status einer globalen Leitwährung erhält. Im Oktober 2016 soll es soweit sein.
Es wäre der Ritterschlag für die chinesischen Behörden – vor allem mit diesem Ziel hatten sie vor fünf Jahren die Liberalisierung des Renminbi eingeläutet. „Ich rechne damit, dass der Renminbi einen Anteil von 15 bis 20 Prozent am Korb erhalten wird“, sagt Sven Jürgensen, Leiter Corporate FX Sales bei der HSBC in Deutschland. Für CFOs und Treasurer international tätiger Unternehmen dürfte die chinesische Währung spätestens dann nicht mehr aus dem Währungsmix wegzudenken sein.
China: Die Zeiten des Trapped Cash sind vorbei
Mit der Aufnahme in den Korb der Sonderziehungsrechte (SDR) würde der IWF die kontinuierliche Öffnung Chinas belohnen: Im grenzüberschreitenden Handel unterscheidet sich eine Renminbi-Zahlung kaum noch von einer Euro- oder Dollar-Zahlung. Die Kapitalverkehrskontrollen wurden inzwischen so weit aufgeweicht, dass fast kein Treasurer mehr von „Trapped Cash“ in China spricht. Erst in der vergangenen Woche hat der Automobilzulieferer Webasto einen grenzüberschreitenden Renminbi-Cash-Pool in Betrieb genommen: „Wir können nun täglich Cash zwischen Deutschland und China transferieren“, sagte Markus Kurfürst, Director Corporate Treasury, gegenüber der FINANCE-Schwesterpublikation DerTreasurer.
Auch der Wechselkurs des Renminbi orientiert sich immer stärker an den Marktkräften. CFOs werden sich an die neue Volatilität gewöhnen müssen, das Hedging des Renminbi wird damit wichtiger. Hier haben einige Unternehmen Nachholbedarf. Viele sichern die chinesische Währung noch gar nicht mit Finanzinstrumenten ab, wie eine aktuelle Umfrage von DerTreasurer ergeben hat. Bei steigenden Volumina wird sich das nicht aufrecht erhalten lassen. „Die Liberalisierung des Renminbi wird 2018 vollendet sein“, ist sich Jürgensen sicher.
China will den Renminbi als Anlagewährung etablieren
Und die Chinesen halten Kurs. Trotz der jüngsten Börsenturbulenzen in China ging am vergangenen Mittwoch ein Joint Venture mit der Deutschen Börse an den Start: Über die deutsch-chinesische Gemeinschaftsbörse China Europe International Exchange (Ceinex) können Renminbi-Wertpapiere erstmals auf einem regulierten Markt außerhalb Chinas gehandelt werden. Dies umfasst Anleihen und ETFs, bald auch Aktien.
Das Angebot dürfte zwar vor allem für institutionelle Investoren wie Asset Manager interessant sein. Als Geldanlage-Währung ist der Renminbi aber auch für viele deutsche CFOs längst wichtig: Diverse deutsche Unternehmen – allen voran die China sehr aktive und erfolgreiche Automobilbranche – legen ihr überschüssiges Cash vor Ort in Fonds an. „Dort lassen sich relativ risikolos 2 bis 3 Prozent Rendite erzielen – Verhältnisse von denen man in Europa derzeit nur träumen kann“, sagt der Treasury-Chef eines mittelständischen Unternehmens.
Das Angebot dürfte künftig größer werden, denn China öffnet die lokalen Anleihemärkte für ausländischen Investoren. Allerdings braucht das seine Zeit. Das Pilotprojekt „RMB Qualified Foreign Institutional Investor (RQFII) Scheme“ ist sehr stark reguliert und wird deshalb wenig genutzt: „Es ist ein guter Anfang, aber um die Akzeptanz der Nutzer zu erlangen, muss es einfacher werden“, resümmiert HSBC-Banker Jürgensen.
Regulierter Bankenmarkt erschwert CFOs lokale Finanzierung in China
Es gibt auch noch andere offene Baustellen in China: Der lokale Finanzmarkt ist weiterhin stark reguliert. Zwar hat die chinesische Zentralbank (Peoples‘ Bank of China, PBoC) bereits vor mehr als zwei Jahren die Kreditzinsen liberalisiert, und seit Ende Oktober dürfen die chinesischen Banken auch die Höhe der Einlagezinsen selbst bestimmen. „Aber de-facto orientieren sich noch alle Banken an dem Referenzzins, den die PBoC veröffentlicht“, sagt Bernhard Esser, Director Treasury Research bei HSBC.
Die chinesischen Banken können sich das leisten, weil der chinesische Bankenmarkt von fünf großen staatlichen Player beherrscht wird. Die Auslandsbanken stehen nur für 2 Prozent des gesamten chinesischen Bankenmarktes, so Esser. Der mangelnde Wettbewerb sorgt auch dafür, dass Renminbi-Finanzierungen für deutsche Unternehmen sehr teuer sind. „Es kommt die Unternehmen in aller Regel günstiger, sich in Deutschland bei ihrer Hausbank zu finanzieren und den Kredit per Cross Currency Swap zu drehen“, empfiehlt Jürgensen. Bei der Deutschen Bank können Firmenkunden etwa einen Teil ihres Euro-Kredits auf die chinesische Tochtergesellschaft laufen lassen – und sich das Geld in China in Renminbi auszahlen lassen.
Auch der Renminbi-Kapitalmarkt ist für deutsche Unternehmen derzeit offenbar wenig attraktiv. So hat der mit viel Trommelwirbel gestartete Panda-Bondmarkt seit der Daimler-Anleihe Anfang 2014 keine deutsche Emission mehr gesehen. Kosten und Dokumentationsaufwand sind zu hoch. Am Offshore-Renminbi-Bondmarkt, wo so genannte Dim-Sum-Anleihen aufgelegt werden, sind derweil vor allem Banken aktiv. Emissionen deutscher Corporates gab es dort in diesem Jahr nicht.
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