Nur äußerst knapp ist der Aufsichtsrat des Softwareriesen auf der Hauptversammlung an einer Blamage vorbeigeschrammt. Die Aktionäre entlasteten das Kontrollgremium um den 73-Jährigen Mitgründer Hasso Plattner trotz der guten Aktien- und Unternehmensperformance nur haarscharf mit 50,49 Prozent. Für gewöhnlich werden Aufsichtsräte mit über 90 Prozent entlastet.
Direkte Folgen hätte eine ausbleibende Entlastung zwar nicht gehabt. Trotzdem wäre der Rufschaden der Kontrolleure enorm gewesen. Die Nicht-Entlastung hätte zudem als Grundlage für eine Abberufung des Aufsichtsrats dienen können. Dafür wäre bei einer separaten Abstimmung aber eine Dreiviertelmehrheit notwendig gewesen.
ISS und Hermes beklagen hohe Managervergütung bei SAP
Hintergrund für die knappe Entlastung ist ein Streit um die als teilweise exorbitant hoch empfundene Managervergütung der Walldorfer. So waren CEO Bill McDermott im vergangenen Jahr 15,6 Millionen Euro zugeflossen – mit Abstand die höchste Vergütung aller Dax-Chefs und knapp die Hälfte der Gesamtvergütung des Vorstands. Der durchschnittliche Dax-CEO verdiente laut einer Analyse der Unternehmensberatung HKP gut 7 Millionen Euro. CFO Luka Mucic kassierte 2,4 Millionen Euro – doppelt so viel wie im Jahr davor.
Sauer aufgestoßen ist den Aktionärs-Aktivisten vor allem die maximale Vergütung von CEO McDermott, die größtenteils durch die mehrjährige variable Vergütung beeinflusst wird. Im Idealfall könnte McDermott so über 40 Millionen Euro in einem Jahr verdienen. Dafür müsste sich der Wert der SAP-Aktie jedoch binnen vier Jahren verdreifachen.
Auch wenn dieses Szenario unwahrscheinlich ist, hatten am Wochenende ausländische Aktionärsvertreter wie Hermes und Institutional Shareholder Services (ISS) angekündigt, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten. Direkt über das Vergütungssystem abstimmen können sie dieses Jahr nicht, weil SAP dies nicht zulässt. 2016 hatten 45 Prozent der Aktionäre noch gegen den Vergütungsplan gestimmt.
SAP-Hauptversammlung: Aktionäre weichen vom üblichen Vorgehen ab
Das Aufbegehren der Aktionäre ist äußerst ungewöhnlich, denn Eigner agieren bei der Vorstandsvergütung normalerweise nach dem Motto „Pay on Performance“. Das bedeutet: Solange die Unternehmensentwicklung stimmt, tolerieren sie hohe Managergehälter.
Und SAP hat sich im vergangenen Jahr gut entwickelt. Das Cloud-Geschäft des Softwareriesen boomt, die Aktie hat in den vergangenen zwölf Monaten um rund ein Drittel zugelegt.
Aufsichtsrat Hasso Plattner verteidigt Vergütungssystem
So scheint vor allem die mangelnde Transparenz und Kommunikation den Missmut der Investoren geschürt zu haben: „Schreiben Sie den Vergütungsbericht so, dass der Aktionär ihn verstehen kann“, beschwerte sich ein Aktionärsvertreter auf der Hauptversammlung.
Aufsichtsratschef Plattner versuchte, das Vergütungssystem zu verteidigen, und erklärte: „Die Vorstandsvergütung muss mit Blick auf unsere globalen Konkurrenten international wettbewerbsfähig sein." Trotzdem räumte Plattner ein, dass das Vergütungssystem kompliziert sei.
Zu den Wettbewerbern von SAP gehören US-Konzerne wie Microsoft und Oracle. Microsoft-CEO Satya Nadella hat 2014 etwa 84 Millionen US-Dollar kassiert. 2015 immerhin noch 18 Millionen. In diesem Bereich bewegt sich nun auch SAP-Chef McDermott.
Info
Das Gehalt von Vorständen ist im Wahlkampfjahr 2017 ein heiß diskutiertes Thema. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserer FINANCE-Themenseite Managervergütung.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.