Herr Engelmann, viele IPOs mussten in diesem Jahr verschoben oder sogar abgesagt werden. Es ist sicher kein Spaß, als Kommunikator für Unternehmen so viele schlechte Nachrichten zu überbringen.
Manchmal läuft der Markt einfach gegen die Unternehmen, und das Umfeld für Börsengänge war in diesem Jahr sicherlich nicht immer einfach – auch wenn 2015 insgesamt das beste IPO-Jahr seit 2007 war. Gerade im Herbst ist die Situation deutlich schwieriger geworden, weil die Volatilität an den Märkten deutlich zugenommen hatte. Ein paar der Unternehmen, die den Prozess für den Börsengang bereits im Frühjahr angestoßen hatten und das Zeitfenster im Herbst nutzen wollten, hatten damit zu kämpfen. Diese Zusammenhänge verstehen in der Regel aber auch die Investoren sehr gut, von daher ist eine Verschiebung oder Absage in diesem Umfeld zwar nicht schön, aber kein Drama für uns beziehungsweise die Unternehmen, die wir beraten.
Wie viel Schaden richtet es denn für den Ruf eines Unternehmens an, wenn der geplante IPO verkleinert oder verschoben werden muss? Bei den meisten kürzlich erfolgten Börsengängen mussten die Unternehmen ja kleinere Brötchen backen.
Das Schöne am Kapitalmarkt ist, dass er immer nach vorne schaut. Die Gefahr eines Reputationsschadens sollte man daher nicht überbewerten. Investoren bewerten die Unternehmen immer zu dem Zeitpunkt, zu dem sie angeboten werden, und nicht danach, ob sie den Schritt aufs Parkett schon mal versucht haben. Das hat man ja bei Scout24 gesehen, die ihren Börsengang im zweiten Anlauf auch in einem schwierigen Marktumfeld sehr erfolgreich gemeistert haben. Wirklich entscheidend ist die Preisentwicklung ab dem ersten Handelstag, nicht die Anzahl der Versuche.
Gute Investor-Relations-Arbeit fordert viel von CFOs
Was unterscheidet denn Scout24 von anderen Börsengängen, die nicht so gut liefen?
Das Geschäft mit Online-Anzeigen gilt als recht unabhängig von kurzfristigen Marktschwankungen. Damit passte das Geschäftsmodell von Scout24 besser in das vorherrschende Marktumfeld als das anderer Unternehmen, die dann ja auch stärker gelitten haben. In solchen Fällen ist das Management dann auch kommunikativ sicherlich sehr stark gefordert.
Was müssen denn CFOs bei der IPO-Kommunikation leisten?
Neben dem CEO ist der Finanzchef das Gesicht des Unternehmens. Das funktioniert oft am besten, wenn der CFO und das Unternehmen auch gut vom Typ zusammenpassen, und wenn sich CEO und CFO gut ergänzen. Bei einem alteingesessenen Chemieunternehmen zum Beispiel wollen Investoren einen anderen Typ Finanzchef sehen als etwa bei einem jungen Startup-Unternehmen. Auch die Finanzchefs müssen also in die Story passen. Für Investoren spielt das Management und seine Glaubwürdigkeit eine extrem wichtige Rolle.
Die Ausstrahlung des CFOs kann aber wohl kaum allein über Erfolg oder Misserfolg eines IPOs entscheiden.
Nein, aber sie ist ein wichtiger Baustein. Eine überzeugende Equity-Story ist die wichtigste Grundlage für jeden erfolgreichen IPO. Und je schwieriger das Marktumfeld ist, desto wichtiger wird es, dass die Investoren auch bei Gegenwind dem Unternehmen die Stange halten. Wie zentral hier eine solide und langfristige Kommunikation ist, hat man zum Beispiel beim Börsengang von Covestro gesehen, der aufgrund des schwierigen Umfelds angepasst werden musste. Aber das Management-Team hatte sich im Rahmen der Investorengespräche eine sehr hohe Glaubwürdigkeit im Markt aufgebaut und konnte daher auch in dieser Phase mit seiner Equity Story überzeugen.
Welche Fehler CFOs bei der IPO-Kommunikation vermeiden sollten
Bei welchem Teil der IPO-Kommunikation könnten CFOs denn noch etwas lernen?
Neben den guten Kontakten zu Investoren ist es wichtig, dass das Management sich auch möglichst frühzeitig einen guten Draht zu den Medien aufbaut. Das braucht Zeit – und natürlich die richtigen Zugänge. Damit kann man gar nicht früh genug anfangen. Denn wenn das Unternehmen einmal den Börsengang offiziell angekündigt hat, sind die kommunikativen Spielräume recht eng. Das macht den Austausch mit den Medien im Vorfeld umso wichtiger. Leider erleben wir es manchmal, dass auch CFOs die Medien scheuen. Vielleicht aus Angst, etwas Falsches oder rechtlich Problematisches zu sagen. Wer sich aber zu lange davor scheut, verspielt entscheidende Chancen, Vertrauen bei den Medien aufzubauen und sich auch dann gut erklären zu können, wenn mal etwas schief geht.
Auch nach dem Börsengang kommt auf die Unternehmen ja einiges zu. Gibt es da Fehler, die das Management bei der Kommunikation unbedingt vermeiden sollte?
Absolut. Wir sehen immer wieder, dass Börsenkandidaten die Anforderungen an die Kommunikation nach dem IPO unterschätzen. Während des Börsengangs gehen viele CEOs und CFOs an ihre Grenzen. Aber nach dem Listing fängt ja die eigentliche Arbeit erst an. Das Unternehmen steht dann in der Öffentlichkeit, was auch den Finanzchef fordert. Die Informationsansprüche der Investoren steigen ab dem Börsengang rapide und das Unternehmen muss viel höhere Transparenzanforderungen erfüllen. Die entsprechenden Strukturen aufzubauen, die dies bewältigen können, kostet viel an Vorbereitung und Ressourcen. Beides sollten die Unternehmen bei der ganzen Börseneuphorie nicht vergessen.
antonia.koegler[at]finance-magazin.de
Info
Knut Engelmann ist Partner bei der Kommunikationsagentur CNC – Communications & Network Consulting. Die Agentur hat in diesem Jahr unter anderem Scout24, Covestro, Schaeffler und Pfleiderer bei der IPO-Kommunikation beraten.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.