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Finanzchefs erhöhen die Dividenden trotz Krise

CFOs müssen die Interessen von Unternehmen und Shareholdern balancieren.

Trotz der eingetrübten Aussichten für die Weltkonjunktur haben viele Konzerne wieder Spendierhosen an. Der wertvollste Konzern der Welt schüttet seinen Aktionären erstmals seit 17 Jahren eine Dividende aus und startet zudem ein Aktienrückkaufprogramm. Offenkundiges Ziel:  Apple will seine Cash- und Wertpapierbestände von insgesamt fast 100 Milliarden Euro leicht zu reduzieren. Apple-CEO Tim Cook begründete den unter Steve Jobs undenkbaren Paradigmenwechsel offen damit, dass der Konzern nicht wisse wohin mit dem Geld. 45 Milliarden Dollar will Apple in den nächsten drei Jahren für Dividenden, Aktienrückkäufe und Aktienoptionen von Mitarbeitern ausgeben, ergänzte CFO Peter Oppenheimer.

Der französische Luxuskonzern Hermès erhöht seine Dividende für 2011 nach einem sprunghaft gestiegenen Gewinn um 33 Prozent auf 2 Euro pro Aktie. Zusätzlich zahlt das im Familienbesitz stehende Unternehmen eine Einmalzahlung von 5 Euro je Aktie. Die Hermès-Familie und der LVMH-Konzern, die weitere 22 Prozent der Aktien halten, dürften sich freuen. 

Auch  in den USA dürften die Dividenden im kommenden Jahr eher steigen. Die Ausschüttungsquote im S&P500 lag zuletzt fast auf historischem Tiefststand bei nur rund 35 Prozent. „Da ist noch Luft drin“, sagt Kissner. Für aussichtsreich hält sie die Branchen IT, Grundstoffe und Energie.

Ausweg aus dem Anlagedilemma

Vor allem deutsche Unternehmen aber beschenken ihre Aktionäre reichlich.  Sie haben einer Ernst&Young-Studie zufolge 2011 kumuliert über 104 Milliarden Euro verdient und konnten ihre Gewinne im vierten Jahr in Folge steigern konnten. 

Viele Konzerne geben ihre Vorsicht nun wieder auf und schütten stattliche Dividenden aus. Die Dividendenrenditen erreichen dabei zum Teil über oder fast 4 Prozent wie etwa bei Daimler und BASF. Die 30 größten deutschen Konzerne schütten damit 27,5 Milliarden aus, 6 Prozent mehr als noch 2011. Ernst&Young-Partner Gerd Stürz sagte zu FINANCE: „Die Dividenden steigen zwar, aber der Anstieg bleibt hinter dem Gewinnanstieg zurück.“  Dass die Liquidität verringert wird, sieht Stürz vor dem Hintergrund des Anlagedilemmas als geschickten Schachzug. „Dass die CFOs den Ertragsdruck auf die Investoren verlagern, ist smart. Die Erträge aus Anlagen liquider Mittel sind gering.“ Und dort, wo es rentabel scheint, drohe mitunter eine preisliche Überhitzung sagt Stürz mit Blick auf Indien.

Bei Dividenden scheint das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht zu sein. DWS-Dividendenexpertin Denise Kissner sagte zu FINANCE: „Gesunde Dividendenrenditen liegen zwischen 4 und 6,5 Prozent“. Zweistellige Dividendenrenditen seien in der Regel nicht nachhaltig. Auch Sonderausschüttungen sind es grundsätzlich nicht, dienen aber wie Aktienrückkäufe manchmal der Vermeidung von Fehlallokationen. „Drei Faktoren sind für uns bei der Aktienauswahl entscheidend: Die Höhe der Dividende, die Ausschüttungsquote und die Dividendenrendite.“ Vor allem ist „Stringenz“ gefragt. Zyklische Branchen sollten bis zu 40 Prozent, in Ausnahmen 50 Prozent der Gewinne ausschütten, sagt Kissner. „Bei reifen Branchen wie Telekom, Versorger und Pharma können es auch 70 bis 80 Prozent sein."

CFOs im Stakeholderkonflikt

Insgesamt lassen die Unternehmen seit 2008 bei der Ausgabendisziplin wieder etwas nach. Nachdem die Dax-Konzerne ihre Barbestände von 52,5 Milliarden Euro im Jahr 2008 bis auf rund 90 Milliarden Euro 2010 aufgebaut hatten, fielen diese 2011 nun wieder um 16 Prozent auf knapp 76 Milliarden Euro. Fast die Hälfte davon vereinnahmen allein VW, Siemens, Daimler, BMW und SAP. Der operative Cashflow der 30 Dax-Konzerne sank derweil um 8 Prozent.

Auch die Nettoverschuldung der Dax-Konzerne stieg wieder. Während die 30 größten deutschen börsennotierten Konzerne ihre Nettoverschuldung zwischen 2008 und 2010 um fast 25 Prozent hatten senken können, stieg diese im vergangenen Jahr nun wieder um gut 4 Prozent. Besonders stark erhöhten die Deutsche Telekom, RWE und Eon die Schulden. Ihre Verbindlichkeiten gesenkt haben dagegen VW, BMW, Beidersdorf, Daimler und SAP.

Aber nicht nur die Anteilseigner profitieren. Auch die Ausgaben für F&E stiegen wieder um 10 Prozent an. Insgesamt investierten die 30 Konzerne knapp 30 Milliarden Euro. Die Zeiten des Sparens sind jedenfalls vorerst vorbei.  Gerade im Fall Apple erscheint dies naheliegend. Zwar will Apple 45 Milliarden Dollar ausschütten, zuletzt spülte der Kaufhunger der Appleianer dem Konzern in einem Jahr mehr als 38 Milliarden Dollar neu in die Kassen.

marc-christian.ollrog@cfo-insight.com