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Gewinnwarnungen erreichen neues Rekordniveau

Der Autobauer Daimler kassierte im Juni wegen des Handelskonflikts zwischen den USA und China seine Gewinnprognose. Damit waren die Stuttgarter nicht alleine.
Daimler

Umsatz- und Gewinnwarnungen sind Giftpillen für den Aktienkurs. Im ersten Halbjahr haben deutsche Börsenunternehmen diese jedoch so häufig an ihre Investoren verteilt wie noch nie. Das berichtet der Wirtschaftsprüfer EY, der untersucht hat, wie viele der insgesamt 307 Unternehmen aus dem Prime Standard der Frankfurter Börse im ersten Halbjahr 2018 Gewinn- oder Umsatzwarnungen herausgegeben haben. Die Analyse führt EY bereits seit 2011 regelmäßig durch. 

Demnach gaben 42 dieser Unternehmen im ersten Halbjahr Gewinn- oder Umsatzwarnungen heraus – das übertrifft den bisherigen Höchststand aus dem Vorjahr, als Investoren 29 Mal gewarnt wurden. Im Schnitt wurde der erwartete Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von den betroffenen Unternehmen um 39 Prozent reduziert. Das wirkte sich stark auf die Aktienkurse der Unternehmen aus. Am Tag der Hiobsbotschaft gab der Kurs laut EY im Schnitt 7 Prozent nach und konnte sich auch in der Folgewoche nicht erholen.

Von den Negativkorrekturen waren vor allem Dax-Konzerne betroffen. 17 Prozent, also fünf Dax-Unternehmen, korrigierten ihre Prognosen nach unten. Dazu zählten beispielsweise der Autobauer Daimler, der Autozulieferer Continental, die Deutsche Post und der führungsgeschwächte Industriekonzern ThyssenKrupp. Im MDax kassierten im ersten Halbjahr 8 statt 4 Prozent der Unternehmen ihre Prognosen. Im SDax und TecDax sank die Quote dagegen von 10 auf 8 Prozent.

Handelskrieg führt zu Gewinnwarnungen

„Wir bewegen uns schon seit einiger Zeit am oberen Rand des Konjunkturzyklus – und es mehren sich die Anzeichen, dass eine Abkühlung bevorsteht“, begründet EY-Partner Marc Förstemann die zunehmenden Gewinnwarnungen. Besonders betroffen seien im ersten Halbjahr der Handel (26 Prozent) sowie der Automobilsektor und die Transport- und Logistikbranche (jeweils 25 Prozent) gewesen.

„Der Handelskonflikt zwischen den USA und China führt inzwischen zu spürbaren Einbußen für exportorientierte deutsche Unternehmen“, sagt EY-Partner Martin Steinbach. Deshalb hätten zuletzt vor allem stark im Ausland engagierten Unternehmen zunehmend Probleme bekommen, ihre Ziele zu erreichen. 

EY rechnet mit noch mehr Gewinnwarnungen

Die geschürten Hoffnungen aus dem Vorjahr, als die Zahl der positiven Prognoseänderungen im ersten Halbjahr auf das Rekordhoch von 106 kletterte, sind damit geplatzt. In der ersten Jahreshälfte überraschten nur noch 42 Unternehmen ihre Investoren mit guten Nachrichten – ein starker Einbruch. Diese kamen vor allem aus der Software-Branche, wo jedes vierte Unternehmen seine Prognose erhöhte.

Für das zweite Halbjahr trübt sich der Ausblick weiter ein. Nach drei guten Jahren, in denen deutlich mehr positive als negative Korrekturen von EY gezählt wurden, war deren Verhältnis in der ersten Jahreshälfte wieder ausgeglichen. EY sieht darin eine Trendwende und vermutet, dass die Umsatz- und Gewinnwarnungen einen neuen Höchststand erreichen werden und die positiven Korrekturen übertreffen werden.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de