Gleich drei Gewinnwarnungen binnen weniger Wochen musste Bilfinger im vergangenen Spätsommer abgeben. Adidas-CFO Robin Stalker kappte nach der Fußball-WM die Gewinnprognose für das Jahr 2014, QSC musste im Herbst die Jahresprognose deutlich kappen, und auch Jenoptik-CFO Rüdiger Andreas Günther, LPKF-Finanzchef Kai Bentz und BASF-CFO Hans-Ulrich Engel mussten die Erwartungen der Anleger im Jahresverlauf dämpfen.
Damit stehen sie nicht alleine dar: Die Zahl der Umsatz- und Gewinnwarnungen deutscher börsennotierter Unternehmen ist im vergangenen auf 92 gestiegen, ergab eine aktuelle Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die 319 Unternehmen aus dem Prime Standard der Frankfurter Börse betrachtet wurden. Damit lag die Zahl fast doppelt so hoch wie 2011. Auch gegenüber dem Jahr 2013 legte die Zahl der Umsatz- und Gewinnwarnungen um 18 Prozent zu. 2014 legte etwa jedes fünfte im Prime Standard notierte Unternehmen mindestens eine Gewinnwarnung vor. 14 Prozent der Unternehmen schraubten ihre Umsatzprognose herunter.
Russlandkrise für viele Gewinnwarnungen verantwortlich
Oft hatte dies externe Gründe: Besonders die zeitweilige Eintrübung der Konjunktur und der Wirtschaftskrieg mit Russland machten den CFOs zu schaffen. Die konjunkturelle Lage wurde in 42 Prozent der Umsatz- oder Gewinnwarnungen als Hauptgrund angeführt. Mit 35 Gewinnwarnungen entfielen die meisten Prognosekorrekturen auf das vierte Quartal. In 22 Prozent der Fälle waren dagegen interne Gründe wie Verzögerungen bei Projekten die Hauptursache dafür, dass Unternehmen ihre Ziele nicht erreicht haben.
Probleme im Russlandgeschäft waren der Hauptgrund für immerhin jede siebte Prognoseanpassung. Auf diese Verwerfungen waren anscheinend nicht alle CFOs ausreichend vorbereitet: „Viele Unternehmen wurden von der neuen Volatilität auf den Märkten überrascht. Sie haben ihre internen Prozesse und Planungen noch nicht daran angepasst“, analysiert Bernd Richter, Partner bei EY.
Aktionäre strafen Unternehmen nach Gewinnwarnungen ab
Die zum Teil deutlichen Korrekturen der Unternehmen führten auch bei den Aktionären zu heftigen Reaktionen. Im Durchschnitt brachen die Kurse der betroffenen Unternehmen am Tag der Gewinnwarnung um 8 Prozent ein. Und die Erholung ließ mitunter auf sich warten: Der Analyse zufolge lag der Aktienkurs der betroffenen Unternehmen eine Woche nach Bekanntgabe der Gewinnwarnung im Durchschnitt sogar um 9 Prozent niedriger als vor der Verkündung der schlechten Nachrichten.
Interessanter Randaspekt der EY-Untersuchung: Insgesamt scheinen CFOs bei ihren Prognosen eher optimistisch anzusetzen – und korrigieren im Zweifel eher nach unten. Eine sogenannte Gewinnerwartung, bei der der Gewinn höher ausfällt als ursprünglich prognostiziert, konnten im vergangenen Jahr dagegen nur sehr wenige Unternehmen verkünden. Gab es 2011 noch 58 solcher Fälle, waren es im vergangenen Jahr nur noch 27.