Finanzchefs im Dax stehen die modernsten Prognose-Tools zur Verfügung, zu präzisen Vorhersagen führt das offenbar nicht immer. Wie die Unternehmensberatung EY in einer Studie herausgefunden hat, haben 2016 beinahe zwei von drei Dax-Konzernen ihre Prognosen korrigieren müssen. Für die Untersuchung hat EY Vorhersagen aller 302 Unternehmen angeschaut, die im Prime Standard der Frankfurter Börse notiert sind.
Die CFOs von Deutschlands wertvollsten börsennotierten Unternehmen sind offenbar eher vorsichtig: Nur in acht Fällen haben die Dax-Mitglieder ihre Prognosen nach unten korrigiert, sei es in Form einer Gewinn- oder Umsatzwarnung. In 16 Fällen hoben die Konzerne ihre Voraussagen hingegen an. Die insgesamt 24 Korrekturen der 30 im Dax notierten Konzerne entsprechen dem höchsten Stand seit 2011, schreibt EY.
Trump, Brexit, Griechenland: Dax-CFOs sind verunsichert
Die Erklärungen liegen auf der Hand: Das Brexit-Votum, Donald Trump als US-Präsident, die immer noch schwelende Euro-Krise. Die unsichere Gemengelage verunsichert die Top-Finanzchefs der Bundesrepublik offenbar. Denn die international stark vernetzten Dax-Konzerne treffen diese Entwicklungen besonders.
„Es ist derzeit enorm schwer, belastbare Prognosen abzugeben“, sagt auch Martin Steinbach, Leiter des Bereichs IPO und Listing Services bei EY. Der durch den Brexit und die Wahl Trumps erwartete Konjunktureinbruch ist bislang ausgeblieben, Dax und Dow Jones erreichen immer neue Höchststände. Das könnte sich bald ändern, warnt EY-Partner Marc Förstemann: „Was wir derzeit erleben, könnte die Ruhe vor dem Sturm sein.“
Das vorsichtige Vorgehen der Finanzchefs macht durchaus Sinn. Denn eine Umsatz- oder Gewinnwarnung bestrafen Investoren hart. Sieben Tage nach einer Prognosesenkung notierten die Wertpapiere im Durchschnitt 7 Prozent unter dem Kurs von vor der Ad-hoc-Meldung.
Vorhersagen der Dax-Konzerne weit unter dem Durchschnitt
Einem CFO, der die Prognose nach oben übertrifft, droht natürlich nur überschaubarer Ärger. Dennoch zeigen die Finanzchefs kleinerer Unternehmen, dass es präziser geht: Insgesamt ist die Zahl der Prognosekorrekturen im Prime Standard 2016 nämlich von 200 im Jahr 2015 auf nunmehr 154 zurückgegangen.
Das entspricht einer Quote von gerade einmal 38 Prozent – deutlich unter dem Wert aus dem Dax. Im MDax und SDax hat nicht einmal jedes dritte Unternehmen die Prognose korrigieren müssen.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.