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Krisenkommunikation: Pflichten für Emittenten von Mittelstandsanleihen

Thinkstock / Getty Images

Werden die Zahlen schlechter, ist die Kapitalmarktkommunikation von entscheidender Bedeutung.  Sie muss die rechtlichen Vorgaben aus Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), den Geschäftsbedingungen der Börse und Gesellschaftsrecht aber genauso erfüllen wie die Erwartungen von Management, Kunden und Mitarbeitern. Die Emittenten von Mittelstandsanleihen gehen häufig davon aus, dass die entsprechenden Börsensegmente in Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf als Freiverkehrssegmente weniger streng reguliert sind als die sogenannten regulierten Märkte. Das trifft für die gesetzliche Regulierung auch zu. Aber alle Börsenbetreiber haben über ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versucht, auf vertraglicher Basis die Angleichung der Regelwerke zu erreichen, jedenfalls soweit es um Transparenz geht.

Quasi-Adhoc-Pflichten für Emittenten von Mittelstandsanleihen

Die AGB der Deutsche Börse AG  für den Entry Standard verdeutlichen exemplarisch, dass die Einbeziehung nicht nur an Rating-Anforderungen geknüpft ist. Sie erfordert zudem, dass der Emittent Jahres- und Halbjahresabschlüsse veröffentlicht sowie „wesentliche Informationen“ unverzüglich selbst veröffentlicht und an die Deutsche Börse AG übermittelt. Diese Pflicht ist der Ad-hoc Publizität des WpHG nachempfunden, die für Emittenten im Freiverkehr nicht gilt.

Die Börsen-AGB nennen Beispiele für Umstände, deren Eintritt unverzüglich zu veröffentlichen ist. Neben Kapitalmaßnahmen und Strukturveränderungen sind dies etwa die bevorstehende Zahlungseinstellung, der Ausfall wesentlicher Schuldner oder  von Zinszahlungen. Zudem muss sich der Emittent jedenfalls teilweise an den Verwaltungsanweisungen und der Gerichtsurteilen zum WpHG orientieren – und danach auch Gewinne oder Verluste aus Betriebsveräußerungen, außerplanmäßige  Abschreibungen oder den Wechsel bedeutender Organmitglieder ad-hoc melden.

Zwischen Transparenz und Berichtssicherheit

Entwickelt sich der Emittent im Laufe eines Geschäftsjahres schlecht, ist zu entscheiden, wie die Kapitalmarktkommunikation zu gestalten ist. Besteht Unklarheit über die Lage des Unternehmens, sollten keine Informationen veröffentlicht werden, die nicht vollständig abgesichert sind. Vielmehr sollten Emittenten die Börse kontaktieren und eine Ausnahme  von den Veröffentlichungspflichten beantragen. Verstöße können mit empfindlichen Vertragsstrafen geahndet werden. Schwerer wiegt, dass die Börse den Verstoß unter Nennung des Emittenten veröffentlichen und schließlich aus wichtigem Grund die Einbeziehung in den Entry Standard kündigen kann.

Zudem ist  die Kommunikationsfreiheit durch das Verbot der Marktmanipulation begrenzt, das auch auf den Freiverkehr anwendbar ist. Danach darf der Emittent keine unrichtigen oder irreführenden Angaben machen oder Umstände verschweigen, die den Kurs der Anleihe beeinflussen. Weil die Marktmanipulation zudem strafbar sein kann, muss sowohl die Veröffentlichung wie auch die Nichtveröffentlichung einer relevanten Tatsache an diesem Maßstab gemessen werden, unabhängig davon, ob die Börse zustimmt.

Gesellschaftsform bestimmt weitere Anforderungen

Je nach Rechtsform bestehen unterschiedliche gesellschaftsrechtliche Anforderungen. Am stärksten ausgeprägt ist die Pflicht zur Kommunikation in der Aktiengesellschaft. Auch wenn die Gesellschaft nicht börsennotiert ist, muss der Vorstand die Hauptversammlung einberufen, wenn ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals eingetreten ist oder sich abzeichnet. Mitteilungen an die Börse und an die Aktionäre im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung sollten die Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft betonen, wenn das eine realistische Option ist. Die hilft der weiteren Kursentwicklung der Anleihe und  insbesondere, Panik unter den Anlegern zu vermeiden.

Dr. Oliver Kessler ist Kapitalmarkt-Experte im Frankfurter Büro der Kanzlei Oppenhoff & Partner.