Joachim Müller, CFO des Dienstleistungskonzern Bilfinger, schockt die Anleger ein weiteres Mal: Schon zum dritten Mal seit Ende Juni müssen sich die Aktionäre auf niedrigere Erträge einstellen. Und dieses Mal fallen die Korrekturen sogar noch drastischer aus als zuvor, wie der für Investor Relations zuständige Müller eingestehen muss. Das Ebita für 2014 soll nur noch bei etwa 270 Millionen Euro liegen. Mitte Juli wollte Bilfinger noch 340 bis 360 Millionen Euro erreichen, wie Finanzchef Joachim Müller im Interview mit FINANCE-TV erklärte.
Schon dieser Wert lag deutlich unter den 419 Millionen Euro von 2013, die der Kapitalmarkt schon damals für eher schwach gehalten hatte. Doch 2014 wird die Ebita-Marge weit unter dem Vorjahreswert von 5,8 Prozent landen.
Noch mehr der schlechten Nachrichten: Auch eine Offshore-Windparkanlage in Polen wurde neu bewertet. Hier beträgt die Wertabschreibung rund 30 Millionen Euro. Diese ist jedoch nicht im operativen Gewinn ausgewiesen.
CFO Joachim Müller: „Einschätzungen waren nicht realistisch genug“
Der seit Mitte August amtierende Interims-CEO Herbert Bodner begründete die Gewinnwarnung mit der Notwendigkeit, eine belastbare Prognose für 2014 aufzustellen. Das Ergebnis dieser Überprüfung sei zwar enttäuschend, man habe nun aber eine realistische Zahlenbasis für das Jahr 2014, auf der man für 2015 aufbauen könne.
Dass dies nicht schon beim Zusammentragen der Zahlen vor der ersten und der zweiten Gewinnwarnung aufgefallen ist, wirft auch Fragen nach den betriebsinternen Planungsprozessen auf – Themen, für die üblicherweise die Finanzabteilung verantwortlich ist. Gegenüber FINANCE-TV hatte Müller im Juli betont, man könne nach einer Gewinnwarnung nicht zur Tagesordnung übergehen.
CFO Joachim Müller hat angesichts der abermaligen Anpassung der Zahlen heute die ernsten Fehleinschätzungen eingeräumt: „Wir sind immer auf Einschätzungen aus dem operativen Umfeld angewiesen. Wir haben versucht, diese Einschätzungen realistisch wahrzunehmen. Diese waren aber offensichtlich nicht realistisch genug.“ Man habe nun aber eine sehr detaillierte Überprüfung durchgeführt, um eine abermalige Prognosekorrektur zu verhindern.
Als Grund für das Chaos führt Bilfinger erneut das von der Energiewende getroffene Geschäftsfeld Power an, nun aber auch die Division Industrial sowie die Belastungen aus dem Organisationsumbau. „Man sieht im Bereich Power immer neue Überraschungen. Im Nachhinein kann man immer sagen, man hätte das früher sehen müssen“, rechtfertigt der neue Vorstandschef Bodner die Entwicklung. Die Korrekturen seien das Ergebnis aus einer „Mixtur wirtschaftlicher Entwicklungen, die so nicht vorhersehbar waren“. Auch der interne Umbau bremse stärker als gedacht. Der CEO sieht Bilfingers Zukunft aber weiterhin optimistisch und erwartet ein deutlich stärkeres zweites Halbjahr.
Die Bilfinger-Aktie, die nach den letzten beiden Gewinnwarnungen bereits von über 90 Euro auf zwischenzeitlich unter 55 Euro abgestürzt war, hat ihren Erholungskurs verlassen und verliert heute nochmals rund 10 Prozent auf rund 53 Euro.
Verluste für Großaktionär Cevian Capital
Mit der neuerlichen Gewinnwarnung steigt der Druck auf das Bilfinger-Management, insbesondere auf CFO Joachim Müller, der trotz der beiden vorangegangenen Gewinnwarnungen noch einigermaßen unbeschädigt dastand.
Vor allem der Großaktionär Cevian, ein Finanzinvestor aus Schweden, der 20 Prozent der Anteile an Bilfinger hält, dürfte wegen der Kursverluste erbost sein. Im August hatte der damalige CEO Roland Koch Bilfinger nach der zweiten Gewinnwarnung verlassen. Cevian soll hinter dem Abgang die treibende Kraft gewesen sein. Herbert Bodner ist seither vorübergehend wieder an die Spitze von Bilfinger zurückgekehrt, die er bereits bis 2011 innehatte. Ziele für die mittelfristige Ausrichtung des Unternehmens will Bodner im November bekanntgeben.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.