Wer nach Kennzahlen in Geschäftsberichten sucht, interessiert sich meist für Umsatz, Verschuldung, Cashflow oder Gewinn. Seit 2018 finden sich in den Jahresabschlüssen vieler Unternehmen aber nicht nur solche finanziellen Indikatoren, sondern erstmals auch nicht-finanzielle Kennzahlen. Die CSR-Richtlinie schreibt vor, dass kapitalmarktorientierte Konzerne nun auch über Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung in Form von quantitativen Daten berichten müssen.
Dass das keinesfalls banal ist, weiß jeder Controller und CFO, der bereits versucht hat, „weiche“ Themen in harten Zahlen auszudrücken. Wie die Unternehmen mit dieser Herausforderung umgegangen sind, haben nun die Hamburger Agentur für Finanz- und Unternehmenskommunikation Kirchhoff Consulting, der Wirtschaftsprüfer Warth & Klein Grant Thornton und die Fachhochschule Wedel untersucht. Dabei wurden die Geschäftsberichte von 27 der Dax30-Unternehmen betrachtet, deren Geschäftsjahr das Kalenderjahr 2017 ist.
Nachhaltigkeitsbericht oder Passage im Lagebericht?
Eine Frage, die im Vorfeld für Unsicherheit bei den Unternehmen sorgte: An welcher Stelle müssen die nicht-finanziellen Kennzahlen dargelegt werden? Braucht es einen gesonderten Bericht oder kann man diese Aspekte in den bestehenden Geschäftsbericht einfach integrieren? Gerade Konzerne, die bereits in der Vergangenheit einen separaten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht hatten, hatten wenig Interesse daran, diesen aufwendig in den Geschäftsbericht einzuflechten.
Der Gesetzgeber hat den Unternehmen bei dieser Frage aber viel Spielraum gelassen, den sie offenbar auch genutzt haben. Etwas mehr als die Hälfte platzierten ihre nicht-finanzielle Erklärung innerhalb des Geschäftsberichts. Manche Unternehmen integrierten sie dabei in den Lagebericht, andere legten dort ein eigenes Kapitel an, und ein Teil entschied sich dafür, ein eigenes Kapitel außerhalb des Lageberichts zu erstellen. Die restlichen Unternehmen machten von der Möglichkeit Gebrauch, die nicht-finanziellen Kennzahlen außerhalb des Geschäftsberichts zu veröffentlichen: Sieben Konzerne nutzten dafür einen Nachhaltigkeitsbericht, während fünf ein separates PDF veröffentlichten.
CSR-Berichte: Zwischen acht und 39 Seiten lang
Große Unterschiede zeigten sich auch bei der Länge dieser Berichte. Gerade Unternehmen, die zum ersten Mal über nicht-finanzielle Kennzahlen berichteten, stellten sich die Frage: Wie viel müssen wir schreiben? Grundsätzlich ist das Erfüllen des Gesetzes nicht an einen bestimmten Umfang gekoppelt.
Entsprechend unterschiedlich ist die Seitenanzahl bei den untersuchten Unternehmen ausgefallen: Die geschlossenen Berichten waren zwischen acht und 93 Seiten lang, bei einem Median von 20 Seiten. Bei Unternehmen, die die nicht-finanzielle Berichterstattung in den Lagebericht eingeflochten haben, kann man die Seitenlänge nicht eindeutig bestimmen.
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Der Grund für den unterschiedlichen Umfang liegt darin, dass einige Unternehmen von der gesetzlich erlaubten Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, auf Inhalte des Lageberichts zu verweisen. So haben manche beispielsweise die verpflichtende Beschreibung des Geschäftsmodells im nicht-finanziellen Bericht nur kurz angerissen und dann auf den Lagebericht verwiesen.
Aufsichtsräte suchten Unterstützung bei Prüfern
Große Überschneidungen gab es hingegen bei der Frage, über welche Themen berichtet wurde. Unternehmen müssen über nicht-finanzielle Belange nur dann berichten, sofern sie nach der Richtliniendefinition „wesentlich“ sind. Alle untersuchten Unternehmen haben Arbeitnehmerbelange und Anti-Korruption als für sich wesentlich definiert. Jeweils 96 Prozent haben zudem über Menschenrechte und Soziales berichtet, 93 Prozent über Umwelt. Einige Unternehmen gingen sogar über die gesetzlichen Vorgaben hinaus und widmeten sich zusätzlichen Themen wie Kunden- oder Verbraucherbelangen.
Neben all diesen Fragen wurde in den Unternehmen noch ein anderer Aspekt stark diskutiert: Wie sollen die nicht-finanziellen Erklärungen geprüft werden? Laut Gesetz muss der Wirtschaftsprüfer nur das Vorliegen des Berichts, nicht aber den Inhalt prüfen. Für die inhaltliche Prüfung ist stattdessen der Aufsichtsrat zuständig, dieser darf dafür aber auch einen Wirtschaftsprüfer mandatieren.
Und so war es dann auch in den meisten Fällen: 96 Prozent der befragten Dax-Konzerne haben einen Wirtschaftsprüfer mit der inhaltlichen Prüfung beauftragt und damit den Aufsichtsrat in seiner Kontrollfunktion unterstützt.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.