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CFOs nutzen ERM-Potentiale nicht aus

Risikomanagement wird in den Unternehmen überwiegend als Pflichtübung interpretiert.
Thinkstock / Getty Images

Das Risikomanagement der Konzerne im deutschen Leitindex DAX wird von den Unternehmen überwiegend als Pflichtübung interpretiert, Potentiale bleiben weitestgehend ungenutzt. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Unternehmensberatung Accenture. Basis der Analyse sind die Risikoberichte aller im DAX vertretenen Nichtbanken der Jahre 2010 bis 2012, in denen der aktuelle Stand des Enterprise Risk Managements (ERM) im Hinblick auf seine Bestandteilen Risikostrategie, Risikoidentifikation, Risikobewertung, Risikominderung und Risikoüberwachung untersucht wurde.

„Die DAX-Unternehmen haben in den vergangenen Jahren zwar ein ERM aufgebaut, um den regulatorischen Anforderungen aus KonTraG und BilMoG nachzukommen. Große Potentiale des Risikomanagements zur verbesserten Steuerung des Geschäfts werden allerdings vernachlässigt“, fasst Roland Spahr, Leiter Corporate Risk Management bei Accenture die Auswertung zusammen. Ansätze, mit denen Risiken und Schwächen entlang der gesamten Supply Chain gemanagt, Planungen verbessert und Gewinne nachhaltig gesteigert werden könnten, seien in den eng ausgelegten Zielen und Aufgaben des ERM in der Regel nicht enthalten, so Spahr.

Finanzrisiken hui, operative Risiken pfui

Mit Ausnahme der Versorger legen alle Branchen den Berichtsschwerpunkt auf Geschäfts- und operative Risiken. Formale Differenzen, wie beispielsweise der Umfang der Risikoberichterstattung, zeigen, dass die Unternehmen die Struktur des Risikoberichts aber noch nicht abschließend entwickelt haben. Dagegen steht die einheitliche Berichterstattung der Finanzrisiken, wie Wechselkurs-, Zins- oder Rohstoffpreisrisiken. „Für Finanzrisiken wurden in Banken und Versicherungen schon vor Jahren Standardrisikotypen, -methoden und -instrumente entwickelt, die von den Finanzabteilungen anderer Industrien nach Bedarf adaptiert wurden. Das Management dieser Risiken hebt sich deutlich vom Reifegrad des Managements von Geschäfts- und operativen Risiken ab“, hat Spahr herausgefunden.

Unter dem Strich würde das Risikomanagement zwar von allen DAX-Konzernen – zumindest ansatzweise – in Bezug auf Strategie, Governance, Prozessen, Organisation und Methoden beschrieben. Allerdings sei nur in wenigen Fällen der Eindruck entstanden, dass über das obligatorische Einschätzen der Risiken durch Experten andere methodische Ansätze verwendet wurden. Statistisch-quantitative Methoden seien nur selten erwähnt worden. „Dazu passt auch die Beobachtung, dass das für das Risikomanagement so wichtige Thema, eine umfangreiche Datenbasis aufzubauen und vorzuhalten, auf der aussagekräftige Berechnungs- und Risikosteuerungsverfahren angewendet werden können, in keinem der analysierten Risikoberichte thematisiert wurde“, sagt Spahr. „Den Berichten folgend, scheint ERM mit keinem schwerwiegenden Datenthema verbunden zu sein. Eine Einschätzung, die wir nicht teilen.“

Unzureichende Personal- und Kompetenzausstattung

Kritisch sieht Accenture zudem die relativ bescheidenen Kapazitäten und Kompetenzen bei den ERM-Teams in den Unternehmen. Das ERM-Team berichtet zwar oft direkt an den Vorstand. Dennoch verfügt keines der Unternehmen über einen Chief Risk Officer im Vorstand. „Für das kleine ERM-Team, das oft nur 2-3 Personen umfasst, ist dieser formal direkte Zugang zum Vorstand beachtlich. Das dürfte jedoch seinen Grund in den gesetzlichen Forderungen haben, nach denen der Vorstand über die Risiken des Unternehmens informiert sein muss“, schlussfolgert Spahr. Wünschenswert sei jedoch, dass das ERM-Team Kapazitäten und Kompetenzen aufbauen und entfalten kann, mit denen verlässliche Risikoinformationen erarbeitet werden, die nicht nur der Berichterstattung dienen, sondern Geschäftsstrategien und Unternehmensentscheidungen mit entwickeln.

Wie ein effizienter ERM-Methodenansatz gestaltet werden muss und welche Potentiale sich damit freisetzen lassen lesen Sie im zweiten Teil der Serie.

andreas.knoch[at]finance-magazin.de

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