Man darf sich als Bürger schon ärgern, wenn Giganten wie Google, Apple und Microsoft hierzulande astronomische Gewinne erwirtschaften, aber durch komplexe Konstruktionen praktisch keine Steuern darauf abführen. Die öffentliche Kritik ist auch den an den Pranger gestellten Unternehmen sichtlich unangenehm, der Apple-Chef Tim Cook sieht sich in den USA gerade regelrecht vorgeführt.
Nur: Was lernt man als Finanzvorstand daraus? Welche Strategie in der Steueroptimierung (ein Euphemismus für Vermeidung) ist die richtige? Niemand bestreitet, dass die kritisierten Unternehmen legal gehandelt haben. Erstaunlich genug: Oft kann man in der Steuergestaltung nur schwer zwischen legal und illegal unterscheiden. Die Unterscheidung zwischen legal und legitim ist aber schlichtweg unmöglich. Denn Legitimität entsteht im Auge des Betrachters: Die breite Öffentlichkeit urteilt darüber gänzlich anders als die Eigentümer, die Mitarbeiter oder die Kunden.
Das ist ein Dilemma. Der CFO steht bei seinen Stakeholdern in der Pflicht, die Steuerlast mit allen legalen Mitteln zu minimieren. Wenn daraus aber ein Reputationsrisiko entsteht, muss er abwägen. Damit setzt er sich einem hohen persönlichen Risiko aus. Grundsätzlich liegt der Ball bei der Politik, Schlupflöcher zu stopfen. Da das nicht gelingen wird, braucht der CFO interne Guidelines, die ihm bei der Entscheidung helfen und ihn absichern. Darauf wird kein CEO und kein Aufsichtsrat scharf sein. Doch wer nicht über eine Steueraffäre stolpern will, sollte die Diskussion anstoßen.