Die Ereignisse bei Unister entwickeln sich immer mehr zum Krimi: Was für eine Rolle spielt das Bargeld von über 10.000 Schweizer Franken, das in der Nähe der Stelle gefunden wurde, an der Unister-Gründer Thomas Wagner bei einem Flugzeugabsturz starb? Daniel Kirchhof, Mitgründer und bis 2015 CFO von Unister, befürchtet einen möglichen kriminellen Hintergrund. Sein Verdacht reiche „bis hin zur Geldwäsche“, sagte er Medienberichten zufolge gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Leipzig. Um die offenen Fragen zu klären, kündigte er eine Anzeige wegen des Verdachts der Untreue gegen Unbekannt an. Unister selbst äußerte sich bislang auf Anfrage nicht zu dem Vorgang.
Wagner war gemeinsam mit dem Piloten und zwei weiteren Reisenden – dem Unister-Gesellschafter Oliver Schilling und einem Finanzierungsvermittler – auf dem Rückweg von Venedig, als ihr Kleinflugzeug in Slowenien abstürzte. Alle Passagiere der Maschine starben. Kirchhof bezeichnete die Vorgänge auf der Reise als „skurril“ und „völlig unplausibel“. Es sei früher nicht vorgekommen, dass „große Mengen Bargeld“ transportiert worden seien.
Wagner soll sich in Venedig mit potenziellen Kreditgebern getroffen haben. Dabei soll ihm Berichten zufolge offenbar Falschgeld übergeben worden sein – nach Informationen des MDR und des Manager-Magazins erstattete Wagner noch in Venedig Anzeige. Dem MDR zufolge soll inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden wegen des ungeklärten Geldtransports ermitteln.
Insolvenzverwalter will Unister im Ganzen verkaufen
Es wird spekuliert, dass Wagner nach Venedig geflogen sein könnte, um auf dem grauen Kapitalmarkt einen dringend benötigten Überbrückungskredit auszuhandeln. Ex-CFO Kirchhof sagte dem MDR, er habe nach Wagners Tod noch am Wochenende Investorengespräche geführt. Nach Wagners Unfalltod ließ sich die Insolvenz von Unister aber nicht mehr abwenden.
Insolvenzverwalter Lucas Flöther sucht jetzt nach Investoren. Er präferiert den Verkauf des gesamten Unister-Konzerns inklusive der Holding und der zentralen operativen Tochtergesellschaften in einer einzigen großen Transaktion. Ob der Verkauf des gesamten Unister-Konstrukts angesichts der dubiosen Hintergründe der Pleite realistisch ist, erscheint jedoch fraglich. Als Alternative drängen sich Asset-Deals auf, bei denen Kaufinteressenten einzelne Unternehmensteile aus dem Konzern herauslösen und diese weitgehend schulden- und haftungsfrei übernehmen könnten. Laut Flöther sollen schon zahlreiche Anfragen eingegangen sein.
Ex-CFO Daniel Kirchhof verließ Unister im Streit
Kirchhof selbst hatte sich mit Wagner zuletzt eine Schlammschlacht geliefert. Im Dezember 2015 hatte Unister mitgeteilt, dass Kirchhof mit seinem Rückzug aus dem Aufsichtsrat der börsennotierten Tochter Travel24 „seiner Abberufung zuvor gekommen“ sei. Unister warf Kirchhof Amtsmissbrauch vor – im Speziellen die „Veruntreuung von Unternehmensgeldern in erheblichem Umfang“ – und war öffentlich auf Distanz zu ihm gegangen. Kirchhof bestreitet die Vorwürfe.
Unister ist ein privates Unternehmen, doch die aktuellen Kursdaten der einzig öffentlich gelisteten Tochter zeigen, wie der Kapitalmarkt die Situation einschätzt. Travel24 ist kurz davor, zum Pennystock zu werden, und hat nur noch einen Börsenwert von rund 2,5 Millionen Euro. Auch der Kurs der 25 Millionen Euro schweren Mittelstandsanleihe befindet sich im freien Fall. Das Papier notiert aktuell bei 12 Prozent seines Nennwerts und ist damit der nächste Wackelkandidat am Mini-Bond-Markt. Die nächste Zinszahlung für die Anleihe wird in zwei Monaten fällig, die Anleihe hat insgesamt noch eine Laufzeit bis September 2017.