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Familienunternehmen: CFOs fürchten neue Erbschaftsteuer

Vererben muss teurer werden, verlangt das Bundesverfassungsgericht. Viele CFOs von großen Familienunternehmen werden das zu spüren bekommen.
tpicka/Thinkstock/Getty Images

Die Erbschaftsteuer steht vor einer grundlegenden Reform, und das Bundesverfassungsgericht macht kräftig Druck auf Berlin,  die Neuerungen auf den Weg zu bringen. Im Dezember hat Karlsruhe die Privilegien von Firmenerben für verfassungswidrig erklärt.

Die Eckpunkte einer Reform, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble anschließend vorlegte, hat die Stiftung Familienunternehmer hart kritisiert. Die geplante Freigrenze eines Unternehmenswerts von 20 Millionen Euro, ab der nach den Plänen Schäubles künftig das Privatvermögen von Betriebserben für die Steuerzahlung herangezogen werden soll, sei zu niedrig, bemängeln die Vertreter der Familienunternehmen. Aber selbst wenn die Freigrenze von 20 Millionen Euro noch angehoben werden sollte, wären zahlreiche größere mittelständische Unternehmen von der Neuregelung betroffen.

Die Höhe der Freigrenze ist letztlich eine politische Frage. Aber das Verdikt des höchsten deutschen Gerichts lässt wenig Zweifel daran, dass die Steuerlast bei der Weitergabe von Familienunternehmen an die nächste Generation in Zukunft deutlich höher liegen wird als aktuell.

Cash gilt als „unproduktives“ Vermögen

Das wird nicht nur die Unternehmer selbst, sondern auch die CFOs der großen deutschen Familienunternehmen treffen. Eine Erbschaftsteuerreform könnte sie an gleich mehreren Stellen in Schwierigkeiten bringen.

Künftig will Berlin nur das „produktive“ betriebsnotwendige Vermögen steuerlich begünstigen. Zu dem „unproduktiven“ Vermögen zählen jedoch auch die liquiden Mittel, die viele Familienunternehmen auf Grund ihrer konservativen Finanzierungsphilosophie reichlich vorhalten. Die damit verbundenen (potentiellen) Kosten werden künftig wohl deutlich steigen. Vor allem dann, wenn ein Erbfall, Schenkungen oder vorweggenommene Nachfolgefragen in Sichtweite geraten, könnten Gesellschafter einen starken Anreiz bekommen, Cash aus dem Unternehmen abzuziehen oder es in Investitionen fließen zu lassen, die unter anderen Umständen vielleicht nicht vorgenommen worden wären.

„Das kann erhebliche negative Auswirkungen auf Kreditverträge und die Finanzierungsstruktur haben“, warnen die Wirtschaftsprüfer Christian Gerber und Sascha Weiß von dem Düsseldorfer Transaktions- und Bewertungshaus I-Advise. Und auch auf das Unternehmensportfolio, wenn kurzfristig für die Steuerschuld der Gesellschafter Cash generiert werden muss. „Im Worst Case sind sogar unvorbereitete Unternehmensverkäufe denkbar“, fürchten Gerber und Weiß. Die Strategie, sich langfristig auf eine stattliche Cash-Position und hohe Eigenkapitalquoten zu stützen, könnte für viele sicherheitsgewohnte CFOs nach einer Reform der Erbschaftsteuer in weite Ferne rücken lohnen.

Wie viel sind die Familienunternehmen wert?

Auch die Art, wie im Erbfall der Wert eines Familienunternehmens ermittelt wird, ruft Bedenken hervor. Im deutschen Steuerrecht ist das vereinfachte Ertragswertverfahren verankert. Wie stark vereinfacht es tatsächlich ist, belegen die Schwankungen bei den zu Grunde liegenden Multiplikatoren: Wurde der Unternehmenswert 2014 noch auf Basis eines Faktors von 14,1 auf den durchschnittlichen Jahresertrag der Vergangenheit gerechnet, liegt der Multiplikator für 2015 bei 18,2, hat das Bundesfinanzministerium Anfang Januar festgelegt.

„Das kann in vielen Fällen zu deutlich überhöhten Unternehmenswerten führen“, befürchtet Gerber. In der Tat: Die aktuellen FINANCE-Multiples notieren quer durch die verschiedenen Branchen aktuell bei rund 8x bis 11x – allerdings bezogen auf das Ebit und nicht auf die steuerliche Größe des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags.

Gerber rät CFOs von Familienunternehmen, sich schon weit im Vorfeld intensiv auf die Verhandlungen mit den Steuerbehörden über den realistischen Unternehmenswert vorzubereiten. Ohne ein seriöses, unabhängiges Wertgutachten dürfte es nicht leicht werden, die Behörden davon zu überzeugen, dass der von diesen mit Hilfe des Ertragswertverfahrens geschätzte Wert des Familienunternehmens viel zu hoch angesetzt ist.

Hält Schäuble an seinen Plänen fest, drohen die Probleme weite Kreise im deutschen Mittelstand zu ziehen: Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts könnten bis zu 10.000 deutsche Unternehmen über der Freigrenze von 20 Millionen Euro liegen.

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