Während die Banken neue digitale Geschäftsmodelle im Firmenkundengeschäft testen, sähen es viele Befragten lieber, wenn die Geldhäuser zunächst das Fundament digitalisieren: Die Prozesse rund um Kontoeröffnung und Know-Your-Customer (KYC). Das zeigen die Ergebnisse des 21. Treasurer-Panels, das die FINANCE-Schwesterpublikation DerTreasurer in Kooperation mit der Deutschen Bank durchgeführt hat.
Die Umfrage, die hier heruntergeladen werden kann, zeigt eine Diskrepanz zwischen den Feldern, in denen die Banken nach Wahrnehmung der Befragten digitalisieren, und den Bereichen, in denen die Finanzverantwortlichen den größten Bedarf für eine weitere Digitalisierung sehen. Die Digitalisierungsinitiativen der Banken gehen also in Teilen an den Wünschen der Firmenkunden vorbei.
Treasurer wollen KYC-Prozesse digitalisieren
Besonders eklatant ist der Widerspruch beim Thema KYC. Im Rahmen dieser gesetzlich vorgeschriebenen Checks müssen die Banken die Eigentümerstruktur ihrer Kunden, aber auch Zuständigkeiten und Bevollmächtigte innerhalb des Konzerns genau durchleuchten und dokumentieren. Allerdings beklagen sich Treasurer seit längerem über ein regelrechtes Chaos auf Bankenseite.
Daher überrascht es nicht, dass 46 Prozent der befragten Treasury-Chefs hier den größten Bedarf für eine weitere Digitalisierung sehen. Wenn die KYC-Checks auf Bankenseite automatisiert erfolgten, würden die Unternehmen Zeit und Kapazitäten sparen, so die Hoffnung der Treasurer. Allerdings nehmen nur 3 Prozent die meisten Aktivitäten der Banken in diesem Betätigungsfeld wahr.
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Banken gründen immer neue Schuldscheinplattformen
Auffallend ist auch der Widerspruch im Hinblick auf Anleihen und Schuldscheine – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Fremdkapitalemissionen stufen nur 6 Prozent der Befragten als drängendste Digitalisierungsbaustelle im Firmenkundengeschäft ein. Nach dem Eindruck der Befragten stehen diese Produkte derzeit jedoch im Zentrum der Digital-Initiativen der Banken: Mit 37 Prozent glaubt dies die relative Mehrheit der Befragten.
Diese Einschätzung kommt nicht von ungefähr: Diverse Banken – darunter LBBW , HSBC und vor wenigen Tagen erst die NordLB – haben Emissionsplattformen aufgelegt, über die Unternehmen ihre Schuldscheine selbst vermarkten können. Das Fintech VC Trade konnte für seinen Marktplatz bereits sieben Banken gewinnen, darunter die BayernLB und die Helaba.
Treasurer hoffen auf geringe Kosten
Die Meinungen darüber, wie sinnvoll diese Initiativen sind, gehen auseinander: 5 Prozent der Befragten haben bereits Schuldscheine über eine Plattform platziert. Weitere 35 Prozent geben an, dies gerade zu prüfen. Allerdings können sich 30 Prozent derzeit nicht vorstellen, eine derartige Plattform zu nutzen. Begründung: Die Plattformen seien noch nicht ausgereift seien. 14 Prozent sehen für die Nutzung solcher Marktplätze grundsätzlich keinen Bedarf. Bei diesen Ergebnissen dürfte freilich auch eine Rolle spielen, dass nicht alle befragten Firmen am Fremdkapitalmarkt aktiv sind.
Die meisten Treasurer, die sich grundsätzlich für digitale Schuldscheine interessieren, versprechen sich davon vor allem geringere Transaktionskosten. Auf Rang zwei der erhofften Vorteile rangieren gleichauf die Beschleunigung des Emissionsprozesses sowie mehr Transparenz und Einfluss auf das Pricing. Der direkte Kontakt zu den Investoren, den solche Marktplätze bieten, spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle für die Befragten.
Unentschlossen sind die Befragten derweil noch in der Frage, ob sie lieber eine von Banken betriebene Plattform oder eine Fintech-Plattform nutzen würden: Die meisten haben diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen.
Info
Weitere Ergebnisse des 21. Treasurer-Panels können Sie hier herunterladen.
Wie sich die Banken bei ihren Corporate-Kunden schlagen erfahren Sie auf der FINANCE-Themenseite Firmenkundengeschäft.