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Haftungsfalle Cash Pooling: Die unterschätzte Gefahr

Cash-Pooling-Strukturen müssen richtig und vollständig dokumentiert werden, daran hapert es oft.
Zoonar RF / Thinkstock / Getty Images

Cash Pooling ist inzwischen Gang und Gebe in deutschen Unternehmen, um das Liquiditätsmanagement zu optimieren. Viele CFOs unterschätzen aber die rechtlichen Anforderungen, die mit dem Aufsetzen eines Cash-Pool-Vertrags einhergehen: In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass entweder ein tatsächlich durchgeführtes Cash Pooling überhaupt nicht dokumentiert wird oder dies nur in unzureichender Weise erfolgt.

Der Grund dafür ist wohl die mangelnde Sensibilität für Compliance-Anforderungen bei der Konzerninnenfinanzierung. Das ist problematisch: Compliance-Themen sowie teils erhebliche Haftungsrisiken für die Geschäftsführung und das Überwachungsorgan verlieren schließlich nicht dadurch an Brisanz, dass sie sich nur im Innenverhältnis auswirken. Im Klartext: Wer nicht zuverlässig dokumentiert, riskiert in die Haftung gezogen zu werden.

Beim Cash Pooling müssen CFOs deshalb eine Reihe von rechtlichen Vorgaben zwingend berücksichtigen: Dazu gehören vor allem Liquiditätsvorschriften, Kapitalerhaltungs- sowie Kapitalaufbringungsregeln sowie die Etablierung eines Informations- und Exitsystems.

Cash Pooling: Im Fall einer Insolvenz wird es kritisch

Zunächst müssen CFOs sicherstellen, dass die am Cash Pool teilnehmenden Tochtergesellschaften weiterhin über ausreichend Liquidität verfügen, um ihren Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Wird hier zu kurz gegriffen und werden missbräuchliche, zur Insolvenz führende oder sonstige schwerwiegende Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen vorgenommen, droht eine Haftung des Cash-Pool-Führer gegenüber der Gesellschaft. Das klingt selbstverständlich, kommt aber in der Praxis durchaus vor.

Auch für das Management der Tochtergesellschaft gibt es Risiken: So haftet der Geschäftsführer einer GmbH, wenn er eine Zahlung an den Gesellschafter veranlasst, die zur Zahlungsunfähigkeit seiner eigenen Gesellschaft führen musste. Sollte eine Insolvenz bereits eingetreten sein, sind Zahlungen an Gesellschafter oder an Dritte verboten. Auch eine Darlehensvergabe von oben nach unten ist in diesem Fall problematisch: Ist die Tochtergesellschaft insolvent, wird das Gesellschafterdarlehen des Cash-Pool-Führer nachrangig bedient und es besteht das Risiko der Anfechtbarkeit.

CFOs müssen Kapitalschutzregeln beachten

Kapitalgesellschaften müssen darüber hinaus Regelungen zur Kapitalerhaltung beachten, wenn sie Darlehen bei ihren Tochtergesellschaften aufnehmen. Exemplarisch sei dafür die GmbH genannt: So haftet der Geschäftsführer, wenn im Rahmen des Liquiditätstransfers von unten nach oben das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen an den Gesellschafter ausgeschüttet wird, sprich freie Rücklagen nicht in ausreichender Höhe vorhanden sind. Ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag kann hier grundsätzlich Abhilfe schaffen.

Auf der anderen Seite stehen Kapitalaufbringungsregeln. Sie sind insbesondere dann zu beachten, wenn ein Konzern eine neu gegründete Gesellschaft in den Cash Pool aufnehmen will – oder wenn eine bereits einbezogene Gesellschaft eine Kapitalerhöhung durchführt. In diesem Fall muss der Cash-Pool-Führer als Gesellschafter eine Einlage einbringen und erhält im Gegenzug Anteile an der Tochter. Je nach Saldo des Cash-Pool-Kontos der teilnehmenden Gesellschaft gelten unterschiedliche Grundsätze.

Ist der Saldo negativ, kann es zu einer sogenannten verdeckten Sacheinlage kommen: In diesem Fall ist zwar nicht der gesamte Kapitalerhöhungsvorgang unwirksam, sondern es findet eine wertmäßige Anrechnung der verdeckt eingelegten Sacheinlage, also des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Cash-Pool-Führers, statt.

Bei einem positiven Saldo gelten dagegen die Grundsätze des „Hin- und Herzahlens“. Danach ist bei Vorliegen eines vollwertigen und liquiden Rückgewähranspruchs die Einlageforderung getilgt, ansonsten ist die Tilgungswirkung zu versagen.  Hier ist also, ebenso wie bei einer verdeckten Sacheinlage, eine Bewertung erforderlich. Um Haftungsrisiken zu vermeiden, ist denkbar, die Erfüllung von Einlagepflichten  außerhalb des Cash Pool abzuwickeln.

Cash-Pool-Darlehen müssen kündbar sein

Ganz wichtig ist schließlich ein spezifisches Informations- und Exitsystems zu etablieren: Eine teilnehmende Gesellschaft muss die Möglichkeit haben, auf Veränderungen in der Liquiditätssituation und der Bonität des Cash-Pool-Führers sowie der gesamten Unternehmensgruppe zu reagieren. Verschlechtert sich die Lage muss die Kündigung des nach oben ausgereichten Darlehens möglich sein oder zumindest dessen Suspendierung. Alternativ könnten auch Sicherheiten gestellt werden, um so dem erhöhten Risiko gerecht zu werden.

Ist ein solches System vertragsrechtlich nicht vorgesehen, ist allein dieser Umstand nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) schon haftungsbegründend. CFOs sollten daher genau hinschauen bei der Vertragsgestaltung.

redaktion[at]finance-magazin.de

Info

Thomas K. Schrell ist Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Frankfurt am Main.

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