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Mittelstandsanleihen: Evangelische Kirche München verliert Millionen

Das Münchener Stadtdekanat der evangelischen Kirche verliert Millionen Euro durch Mittelstandsanleihen.
Thinkstock / Getty Images

Der Finanzchef der evangelischen Kirche hat offenbar rund 15 Millionen Euro in Mittelstandsanleihen investiert – mit einem ausgesprochen unglücklichen Händchen. 5,5 Millionen Euro entfielen dabei, wie die Münchner Stadtdekanin Barbara Kittelberger gegenüber FINANCE bestätigte, auf die Mittelstandsanleihen des Onlinehändlers Getgoods, das ostdeutsche Recyclingunternehmen FFK sowie die beiden Solarkonzerne SAG Solarstrom und Solen – allesamt Unternehmen, auf denen das Sicherheit vorgaukelnde Etikett Mittelstandsanleihe klebte und die 2013 insolvent gingen.

Für das Münchner Stadtdekanat, das Geld der Kirchengemeinden, aber auch Geld aus Kirchensteuereinnahmen verwahrt, ist ein Millionenverlust nun kaum noch abzuwenden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Finanzchef, von dem sich die Dekanatschefin unmittelbar distanzierte, wegen Untreue.

Kirchenvermögen in Getgoods, FFK, Solen investiert

Die Niedrigzinsphase mit realen Negativrenditen führte die Kirche und ihren Finanzchef offenbar auf Abwege. In den Vorjahren hatte das Stadtdekanat, das zu einer konservativen Anlagestrategie verpflichtet ist, stets ordentliche Renditen von 2,5 Prozent erwirtschaftet. 2013 waren den Kirchengemeinden in den jährlichen Briefen dann inmitten der Finanzrepression plötzlich 4,1 Prozent versprochen worden.

Im Portfolio der evangelischen Kirche befanden sich zuletzt nicht wie in der Anlagestrategie der Landeskirche vorgegeben „vorrangig konservative Anlagen mit Risikobereitschaft“, sondern insgesamt rund 48 Prozent Mittelstandsanleihen, wie Kittelberger gegenüber FINANCE angab. Seit 2011 habe sich die Anlagestrategie verändert, sagte Kittelberger. Wie das Portfolio vorher aussah, wollte die Dekanin nicht vor Abschluss der Ermittlungen sagen. Jedoch erscheint ein eklatanter Verstoß gegen die landeskirchlichen Anlagerichtlinien naheliegend.

Der Finanzchef sei mittlerweile beurlaubt, gegen ihn habe  die Stadtdekanin auch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt, wie das Stadtdekanat bestätigte. Ob es zu einer Anklage kommt, ist noch unklar. Ebenso liegt noch im Dunkeln, wie die kirchlichen Kontrollmechanismen derart versagen konnten.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

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