Steuern zählen zu den wichtigsten Faktoren bei Entscheidungsprozessen im Supply Chain Management (SCM). Dies gilt vor allem für die indirekten Steuern, wie beispielsweise Mehrwertsteuern und Mineralölsteuern. Diese sind meist an Handlungsströme und Transaktionen gekoppelt und nicht an den Gewinn des Unternehmens. Deshalb wirken sie sich unmittelbar auf die finanzielle Bewertung der Supply-Chain-Aktivitäten aus. Laut den Ergebnissen eines aktuellen Steuervergleichs von KPMG ist die Tendenz, indirekte Steuern zu senken, weitgehend zum Erliegen gekommen – womit auch die deutlichen Unterscheide zwischen den Weltregionen weiterhin bestehen bleiben. In Europa gab es sogar einen Anstieg der durchschnittlichen Belastung durch indirekte Steuern von 19,71 Prozent auf 20 Prozent.
Damit sind die indirekten Steuern ein erheblicher Kostenfaktor, der gerade bei der geografischen Zusammenstellung der Wertschöpfungsketten berücksichtigt werden muss. Ähnlich ist die Situation auch beim Umgang mit Zöllen – auch hier gibt es enorme regionale Unterschiede. Trotz der zahlreichen globalen Initiativen stellen sie nach wie vor massive Handelsbeschränkungen dar. Darüber hinaus werden Zölle gerade in den Entwicklungsländern zunehmend als industriepolitischer Hebel eingesetzt, um beispielsweise höherwertige Teile der Wertschöpfungsketten im Land zu halten. Damit spielen sie ebenfalls eine gravierende Rolle für den Zuschnitt globaler Supply Chains.
Die Vorteile der Szenariotechnik für CFOs
Im Gegensatz zu mittelfristig kalkulierbaren Faktoren, wie etwa der Entwicklung der Infrastruktur, oder dem Zugang zu Rohstoffen und Fachkräften, sind Steuern und Zölle auch Gegenstand kurzfristiger politischer Entscheidungen und unterliegen hoher Volatilität. Um die Supply Chain entsprechend zu optimieren, braucht der CFO deshalb Know-how von Mitarbeitern aus vielen Disziplinen. Sowohl eine umfassende Kenntnis internationaler Steuer- und Zollordnungen und der wichtigsten Trends als auch ein tiefes fachliches Know-how in Einkauf und sind unabdingbar, um valide Entscheidungen treffen zu können. Gleichzeitig erfordert die strategische Planung Methoden, die der geringen Prognostizierbarkeit gerecht werden.
Einen solchen Ansatz bietet die Szenariotechnik, die es erlaubt, unterschiedliche Zukunftsalternativen strukturiert zu analysieren und angemessene Reaktionsszenarien zu entwickeln. Das betrifft etwa die Verlagerung margenreicher Glieder der Supply Chain in andere Steuer- und Zollregionen, oder den Aufbau alternativer Zulieferer – für den Fall, dass politische Schocks die Steuer- und Zollbelastung in aktuellen Sourcing-Regionen massiv erhöhen sollten.
Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Ansatz auch gravierende Implikationen für die Gestaltung der SCM-Organisation hat, die eine hohe Adaptivität und Flexibilität aufweisen muss. Das macht die Steueroptimierung der Supply Chain auch zu einer eminent strategischen Aufgabe.
Info
Reinhard Frigger ist Director bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.