Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten sind nicht nur jenseits des Atlantiks die Zinsen gestiegen. Auch im Euro-Raum legen die langfristigen Kapitalmarktzinsen zu. So begab etwa der deutsche Staat am Mittwoch seit langem mal wieder einen zehnjährigen Bond, der mit 0,25 Prozent einen Zinskupon aufweist. Ist der Anstieg nur ein Zwischenhoch oder erlebt der Markt gerade die Zinswende? Lohnt es sich, das derzeitige Zinsniveau durch Hedging-Geschäfte einzuloggen oder nicht? Die Meinungen gehen auseinander.
Treasurer werden sich an steigende Zinsen im Euro-Raum gewöhnen müssen, glaubt Volker Anhäuser, Head of Corporates Global Markets Germany bei BNP Paribas: „Es spricht einiges dafür, dass wir 2016 die niedrigsten langfristigen Kapitalmarktzinsen aller Zeiten gesehen haben.“ Die Volkswirte der französischen Großbank rechnen damit, dass der 10-Jahres-Euro-Zins bis zum Sommer um 20 bis 25 Basispunkte steigen wird und bis zum Jahresende um 40 bis 45 Basispunkte. Bis Ende 2018 erwarten die Ökonomen der französischen Großbank sogar ein Plus der langfristigen Zinsen um 90 bis 100 Basispunkte. „Die Kapitalverflechtungen zwischen Amerika und Europa sind zu groß, als dass sich der Euro-Raum dauerhaft von den Zinsentwicklungen der USA entkoppeln könnte“, sagt Anhäuser.
Vonovia-Treasurer verzichtet auf Zins-Hedging
Ganz anders blickt die Citi auf den Markt: „Wir gehen davon aus, dass der Zinsanstieg der vergangenen Wochen im Euro-Raum nur ein Zwischenhoch ist“, sagt Oliver Bärwald, Leiter der Corporate Solutions Group für Deutschland bei der Citi in London. Für das erste Halbjahr rechnet die Bank beim Zehnjahreszins (Bundesanleihen) mit einem Plus von 20 Basispunkten, bis zum Jahresende prognostiziert die Bank dann aber ein Minus von 30 Basispunkten. „Eine Zinswende im Euro-Raum erwarten wir nicht vor 2019.“ Treasurer hielten sich mit Hedging zurück, beobachtet der Citi-Banker: „Im Euro-Raum finden für 2017 und 2018 derzeit kaum Zinssicherungsaktivitäten statt.“
Auch Lars Schnidrig, Leiter Finanzen & Treasury bei dem Immobilienkonzern Vonovia, bleibt angesichts der jüngst steigenden Zinsen gelassen: „Ich rechne damit, dass die Zinsen über die kommenden drei bis fünf Jahre niedrig bleiben.“ Der Dax-Konzern verzichtet deshalb auf Pre-Hedging, mit dem man sich die derzeit günstigen Konditionen für kommende Finanzierungen einloggen könnte: „Die Prämien sparen wir uns“, sagt Schnidrig.
Warum der Immobilienkonzern damit kein großes Risiko eingeht und wie andere Treasurer zum Thema Zins-Hedging stehen, das erfahren Sie in der Aufmachergeschichte der FINANCE-Schwesterpublikation DerTreasurer.
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