Die deutschen Compliance-Manager sind sich einig: Der Regulierungsdruck nimmt weltweit zu. Wer Bestechungsversuche zulässt, dem drohen nicht nur behördliche Ermittlungen, sondern auch empfindliche Geldstrafen. Auch im deutschen Strafrecht wurde die Korruptionsstrafbarkeit erweitert. Dies sollte dem Thema Compliance eigentlich auch in den Vorstandsetagen zu Gehör verhelfen. Doch anscheinend ist oft das Gegenteil der Fall, legen die Ergebnisse einer Studie nahe, für die die Kanzlei Hogan Lovells weltweit mehr als 600 Compliance-Verantwortliche befragt hat, darunter 102 aus deutschen Unternehmen.
Unter den deutschen Compliance-Verantwortlichen klagen viele über mangelnde Unterstützung. 51 Prozent sagen demnach, Anti-Korruptions-Maßnahmen würden von vielen als unnötiges Thema betrachtet, das die tägliche Arbeit erschwere. Weltweit wünschen sich zwei Drittel der Compliance-Profis mehr Unterstützung aus anderen Geschäftsbereichen.
Compliance steht im Vorstand nicht oben auf der Agenda
Die mangelnde Bereitschaft, sich auf das Thema einzulassen, nimmt in einigen Unternehmen offenbar dramatische Formen an. Jeder zweite Compliance-Officer in einem deutschen Unternehmen sieht seinen Arbeitgeber bereits in einer „Compliance-Krise“. Mit diesem Problem stehen deutsche Unternehmen nicht allein da: In Großbritannien und Frankreich sieht ebenfalls die Hälfte der Compliance-Verantwortlichen dieses Problem, in den USA attestieren sogar 60 Prozent dem eigenen Unternehmen eine solche Krise.
In Deutschland müssen die Compliance-Verantwortlichen bei den höheren Unternehmensebenen ganz besonders um Aufmerksamkeit buhlen. Im Vorstand steht die Korruptionsbekämpfung nach Einschätzung der Compliance-Manager bei 54 Prozent der deutschen CEOs auf der Prioritätenliste ganz oben – in den USA sind es 72 Prozent. Während in Deutschland nur jeder zweite Vorstandsvorsitzende regelmäßig an einem Anti-Korruptions-Training teilnimmt, sind es in den USA und Japan immerhin zwei Drittel der Vorstände.
Viele Mitarbeiter kennen die Compliance-Richtlinien nicht
Dabei könnten auch die Compliance-Manager selbst einiges dazu beitragen, die Lage zu verbessern. So räumte jeder zweite deutsche Compliance-Verantwortliche ein, dass die aktuellen Anti-Korruptions-Richtlinien seines Unternehmens verwirrend oder nicht hilfreich seien. Zwei Drittel sagten, ihr Unternehmen sei zudem besser darin, solche Richtlinien zu erlassen, als sie dann unternehmensweit durchzusetzen.
Da verwundert es kaum, dass viele Mitarbeiter mit den Richtlinien offenbar nichts anfangen können. 56 Prozent der befragten Compliance Officer in Deutschland gehen davon aus, dass viele ihrer Kollegen die Unternehmensrichtlinien nicht kennen.