In Bankenkreisen wird die Einführung von Swaps diskutiert, um die rasant steigenden Prämien für physisches Aluminium abzusichern. Trotz historisch hoher Bestände in den der London Metal Exchange (LME) angeschlossenen Warenhäusern – Industrieexperten gehen von 10 Millionen Tonnen aus – sind die Notierungen in diesem Jahr um mehr als das doppelte gestiegen. So liegen die Quartalsprämien für Aluminiumkäufer, die diese für die Lieferung des Materials zusätzlich zu dem LME-Preis zahlen müssen, inzwischen bei mehr als 250 US-Dollar. Noch zu Jahresbeginn mussten Aluminiumverbraucher weniger als 120 US-Dollar zahlen.
Marktteilnehmer erklären das Paradoxon mit sogenannten „Finanzierungsgeschäften“ von Banken und Rohstoffhändlern, die das Leichtmetall wegen der Contango-Situation auf dem Aluminiummarkt in großen Mengen aufkaufen und es auf Termin wieder verkaufen. Oleg Deripaska, Chef der russischen Rusal, glaubt, dass bis zu 65 Prozent der LME-Aluminiumbestände in solchen Geschäften gebunden und damit dem Markt entzogen seien. Verschärfend kommen die strikten Lagerbestimmungen der LME hinzu, die täglich nur eine bestimmte Menge des zweitwichtigsten Industriemetalls zur Auslieferung freigibt.
Weiter steigenden Notierungen
Nach Einschätzung von Marktteilnehmern könnten die physischen Aluminiumprämien noch weiter steigen. Notierungen von 320 bis 330 US-Dollar je Tonne im ersten Quartal des kommenden Jahres gelten als möglich. Mit einer Trendumkehr sei erst dann zu rechnen, wenn die Nachfrage nach Aluminium und das Zinsniveau spürbar anzögen – und danach sieht es zumindest kurz- und mittelfristig nicht aus. Auch die Hoffnung auf eine Lockerung der LME-Lagerbestimmungen dürfte sich als trügerisch erweisen.
Vor diesem Hintergrund könnte sich ein Markt für Derivate entwickeln, glauben Experten bei Banken und bei Rohstoffhändlern. Große Aluminiumverbraucher würden die Einführung solcher Swaps begrüßen, heißt es. Unterschiedliche Ansichten gibt es jedoch darüber, ob die Handelsumsätze eine kritische Masse erreichen würden. Reaktionen auf die hohen Aluminiumprämien gibt es bereits jetzt: So registrieren Rohstoffhändler sowohl bei Produzenten als auch bei Verbrauchern eine Abkehr von den traditionellen Jahreskontrakten mit fixen Prämien hin zu kurzfristigeren Verträgen mit flexiblen Prämien. Zudem erwägen einige der großen Aluminiumverbraucher rechtliche Schritte gegen die den Aluminiummarkt und die LME-Lagerhäuser dominierenden Banken wie beispielsweise Goldman Sachs.
andreas.knoch[at]finance-magazin.de