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Wie ein Governance-Vorstand CFOs entlasten kann

Ein CGO könnte den Ruf eines Unternehmens wieder aufpolieren – und vielleicht sogar Skandale verhindern.
VW

Mit seinen Abgasmanipulationen ist Volkswagen in einen der größten Skandale seiner Geschichte geschlittert. Dabei hat der Konzern schon seit langem Compliance- und Risikomanagementsysteme installiert, die genau solche Szenarien verhindern sollten. VW ist jedoch nicht der einzige Konzern, der trotz aufwendiger und mannstarker Corporate-Governance-Systeme Aufsehen erregt.

Denn das Problem könnten die Corporate-Governance-Systeme selbst sein . Aus Marktkreisen wird immer wieder Kritik laut, dass Vorstände und Aufsichtsräte in Unternehmen zunehmend überlastet und gar nicht mehr in der Lage sind, sich ein Bild von der Wirksamkeit ihrer Kontrollsysteme zu machen. „Die Unternehmensführung ist natürlich auf das Geschäft fokussiert und muss zusätzlich dazu immer mehr Anforderungen und Vorgaben an die Ausgestaltung der Corporate-Governance-Systeme erfüllen“, sagt ein Unternehmensberater, der anonym bleiben möchte. „Dabei sollen diese die Vorstände eigentlich bei der Ausübung Ihrer Sorgfaltspflicht unterstützen, doch stattdessen fühlen sich die Vorstände zunehmend überfordert.“

Governance-Systeme sind CFOs oft keine Hilfe

Der Grund für diese Überlastung ist auf die Entstehungsgeschichte der Governance-Systeme zurückzuführen. Die Unternehmen haben diese oftmals ad hoc als Reaktion auf Korruptionsskandale, kartellrechtliche Verstöße oder Finanzmarktkrisen aufgebaut. Inzwischen besteht die Governance daher in vielen Unternehmen aus vier Säulen: Das Compliance-Management-System beugt Rechtsverstößen vor, das Risikomanagement identifiziert und bewertet Gefahren, das Interne Kontrollsystem steuert die Unternehmensziele und die Interne Revision kontrolliert nochmals die Kontrolle.

Das mag zunächst mehr als ausreichend klingen, doch weil diese vier Säulen unabhängig voneinander aufgebaut wurden, sind sie trotz massiver Überlappungen oft schlecht verzahnt und arbeiten nebeneinander her. In der Realität hat jede dieser vier Säulen einen Leiter, der dann an den Vorstand berichtet. Die Folge: Auf den Vorstand prasseln ungefiltert mehrere Berichte und Informationsströme ein, die zum Teil ähnliche Themen behandeln. „Angesichts der hohen Arbeitsbelastung des Vorstands und der zunehmenden Komplexität regulatorischer Anforderungen verliert dieser unter solchen Umständen den Überblick“, so der Berater. Davon abgesehen sei diese isolierte Arbeitsweise der Bereiche ineffizient und kostenintensiv.

Der CGO soll aufräumen und entlasten

Wie kann aber eine effiziente Lösung aussehen? Denkbar wäre dem Berater zufolge eine Zwischeninstanz, die diese unabhängig voneinander arbeitenden Bereiche koordiniert und dann mit einer Stimme an den Vorstand berichtet. „Dieser Chief Governance Officer, kurz CGO, wäre ein Bindeglied zwischen den vier Säulen und dem Vorstand“, schlägt der Berater vor. Die Geschäftsführung hätte dadurch den Vorteil, dass sie Informationen gebündelt und gefiltert aus einer Hand bekommt – nur so kann sie ihrer Aufgabe gerecht werden. Der CGO würde zudem dafür sorgen, dass Unternehmen ihre Governance-Systeme neu strukturieren und wenn nötig abspecken. Er würde durch das Heben von Synergien und das Konsolidieren von Aufgaben den Wildwuchs der vergangenen Jahren genau unter die Lupe nehmen und das System wieder effizient machen.

Denkbar wäre, den CGO eine Hierarchiestufe unter den Vorstand zu setzen. Man könnte ihn aber auch direkt im Vorstand ansiedeln, um ihm die nötige Durchschlagkraft zu geben. Doch selbst wenn er im Vorstand sitzt – CFOs und ihre Vorstandskollegen werden sich nicht zurücklehnen können, warnt der Berater: „Im Aktienrecht tragen alle Organe der Geschäftsleitung die Verantwortung.“ Der CGO würde den Vorstand aber immerhin hinsichtlich der Arbeitsbelastung entlasten – und steigert im Optimalfall durch seine Tätigkeit die Präventivfunktion und kann so Verstöße verhindern. Auf Dauer werde sich das auch in den Kosten niederschlagen, prophezeit der Berater.

Der CGO wird nicht auf Gegenliebe stoßen

Doch reibungslos dürfte die Schaffung dieser neuen Position nicht verlaufen, denn der CGO wird nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Wenn eine weitere Hierarchieebene eingezogen wird, so dass die Leiter der vier Säulen nicht mehr direkt an den Vorstand berichten, könnte das zu Unmut im Unternehmen führen. Und das ist noch nicht alles: Früher oder später könnte der CGO die vier einzelnen Säulen und damit die Führungspositionen ganz konsolidieren und stattdessen eine einzige Corporate-Governance-Abteilung aufbauen. Auch wenn das die Leiter der Säulen nicht gerne hören für die Unternehmen wäre das am besten, glaubt der Berater. Die neue Position werde ihm zufolge einiges verändern: „Der CGO wird eine Revolution in Unternehmen erzeugen.“

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.

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