Die Refinanzierungswelle rollt auf den Markt für Mittelstandsanleihen zu: Insgesamt 147 Papiere mit einem Gesamtvolumen von fast 6,9 Milliarden Euro stehen bis zum Jahr 2019 zur Refinanzierung an. Das hat die Studie „Mittelstandsanleihen in Deutschland“ ergeben, die die Finanzierungsberatungen Apollo Corporate Finance und Mountainpeak Capital gemeinsam begeben haben. Im laufenden Jahr werden den Daten zufolge bereits elf Anleihen fällig, deutlich dramatischer wird die Lage in den kommenden Jahren: 2016 müssen 33 Papiere refinanziert werden, 2017 sind es 34 Anleihen.
Der Höhepunkt der Refinanzierungswelle steht dem Marktsegment im Jahr 2018 bevor: Dann erreichen insgesamt 44 Mittelstandsanleihen mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden Euro die Fälligkeit. 2019 stehen dann nochmals 25 Anleihen zur Refinanzierung an.
Nicht alle Mittelstandsanleihen werden die Refinanzierung schaffen
Einige Emittenten haben bereits frühzeitig und erfolgreich ihre Mittelstandsanleihen refinanziert: So hat im vergangenen Herbst der Immobilienkonzern DIC Asset eine neue Anleihe zu günstigeren Konditionen begeben. Das Unternehmen will sich allerdings vom angeschlagenen Mittelstandsanleihen-Segment abgrenzen. War die erste Anleihe 2011 noch im Entry Standard notiert, wechselte das Unternehmen mit den folgenden Bonds in den mit höheren Transparenzpflichten versehenen Prime Standard.
Auch der schwäbische MDax-Konzern Dürr, der 2010 zu den ersten Emittenten am Markt für Mittelstandsanleihen gehört hatte, hat im vergangenen Jahr einen Euro-Bond über 300 Millionen Euro platziert, dessen Mittel auch der Ablösung der Mittelstandsanleihe dienten.
Schon jetzt ist absehbar, dass viele Refinanzierungen nicht so problemlos ablaufen werden wie bei diesen beiden ehemaligen Flaggschiffen des Mini-Bondmarkts. „Wir sehen bei den Refinanzierungen große Probleme auf den Markt zukommen“, sagt Gero Wendenburg, Partner bei Mountainpeak Capital.
Zahlreiche Emittenten mussten von ihren Anleihezeichnern bereits Zugeständnisse verlangen. Die Gläubiger der Mittelstandsanleihe von AEG Power Solutions stimmten einem Haircut zu. Anleihezeichner von Emittenten wie MT-Energie, Mifa oder MS Deutschland mussten miterleben, wie die Unternehmen in die Insolvenz gingen.
Refinanzierung: Alternativen Finanzierungssektor einbeziehen
Auch bei der Refinanzierung wird es in den kommenden Jahren Unterschiede geben: Während Emittenten guter Bonität auf Schuldscheindarlehen, bilaterale Darlehen oder Kapitalerhöhungen ausweichen könnten, müssten schwächere Emittenten nach anderen Lösungen schauen, glaubt Wendenburg: „Die Emittenten sollten das gesamte Finanzierungsspektrum zur Refinanzierung in Betracht ziehen. Für manche wird der alternative Finanzierungssektor in Betracht kommen, beispielsweise durch die Aufnahme von Kapital durch private Investoren.“
Holger Diefenbach, Geschäftsführer bei Apollo Corporate Finance, kann sich sogar vorstellen, dass sich das Segment der Mittelstandsanleihen mittelfristig weiterentwickelt und die Emittenten dazu übergehen, ihre Mittelstandsanleihen in Tranchen zu begeben: „Für viele Unternehmen wäre es sinnvoll, nicht den vollen Emissionsbetrag endfällig zu stellen.“
Das wäre in der Tat eine Neuerung am Markt. Allerdings täten sich damit gleich neue Schwachstellen auf: Die schon jetzt wenig liquiden Papiere würden durch eine Tranchierung noch weniger handelbar werden. Größere professionelle Investoren, die nach Hoffnung vieler Marktteilnehmer den Mini-Bond-Markt retten sollen, dürfte man mit derart kleinteiligen Papieren kaum an den Markt locken.
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