In den ersten Wochen des neuen Jahres zeigt sich der Euro-Markt für Corporate Bonds extrem aktiv. Im Investmentgrade-Segment (inklusive Crossover) wurden in den ersten Wochen Anleihen über 61 Milliarden Euro platziert (Stand 28. Februar). Das entspricht einem Zuwachs von sage und schreibe 48 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. In den ersten zwei Monaten des Jahres 2018 wurden Bonds über 41 Milliarden Euro emittiert.
Die enorme Aktivität zum Jahresbeginn ist vor allem deshalb überraschend, weil dem Markt ein gewichtiger Käufer fehlt: Die Europäische Zentralbank, die zuletzt 15 Milliarden Euro pro Monat in den Markt gepumpt hat, hat ihre umfassenden Anleihekaufprogramme zum Jahresende auslaufen lassen. Seit Juni 2016 lief das Corporate Asset Purchase Programm (CSPP) der Zentralbank. Sie hält inzwischen Unternehmensanleihen über rund 178 Milliarden Euro (Stand 22. Februar).
6 Milliarden Euro aus EZB-Bestand werden fällig
Seit Anfang des Jahres reinvestiert die EZB nur noch die Mittel, die sie aus fällig werdenden Corporate Bonds zurückerhält. „Insgesamt werden in diesem Jahr im EZB-Bestand Unternehmensanleihen über etwa 6 Milliarden Euro fällig“, erklärt Christoph Paul, Head of Corporate DCM Germany & Austria bei der Crédit Agricole CIB. Im Durchschnitt wären das 500 Millionen Euro, die die Zentralbank pro Monat wieder in den Markt reinvestieren kann.
Im Januar sei diese Rechnung auch in etwa aufgegangen. Die EZB hat etwa für eine halbe Milliarde Euro neue Corporate Bonds gekauft. Zum Vergleich: In den ersten zwei Monaten des vergangenen Jahres kaufte die EZB Unternehmensanleihen für ganze 11 Milliarden Euro, wenn auch verteilt auf den Primär- und Sekundärmarkt.
Anleihemarkt bietet wieder attraktivere Renditen
Für die hohe Aktivität am Bondmarkt gibt es aus Sicht von Christoph Paul mehrere Gründe. Zum einen sei der Anlagedruck zum Jahresbeginn bei vielen Investoren sehr hoch. Zum anderen biete der Anleihemarkt auch wieder attraktivere Renditen.
„Im vergangenen Jahr waren die Credit Spreads enorm gesunken und erreichten im Februar, gemessen am iBoxx Euro Non-Financial Corporate Index, einen Tiefpunkt bei leicht unter 40 Basispunkten“, sagt Paul. Zum Jahresende stiegen sie laut iBoxx-Index auf etwa 106 Basispunkte. „Inzwischen sind die Spreads zwar wieder etwas enger gelaufen, liegen mit etwa 90 Basispunkten aber nach wie vor auf einem für Investoren interessanten Niveau“, argumentiert der DCM-Experte.
Dass sich die Kreditaufschläge trotz eines schlechter werdenden konjunkturellen Ausblicks wieder eingeengt haben, erklärt sich der Experte auch damit, dass die USA die Geschwindigkeit ihres Quantitative Tightening deutlich angepasst haben. Die Bank rechnet allerdings damit, dass die Credit Spreads im Euro-Raum wieder etwas ansteigen werden und zum Ende 2019 bei rund 111 Basispunkten liegen dürften.
ThyssenKrupp, Siemens und Co. haben Bonds begeben
Ein weiterer Grund für die extrem hohe Emissionsaktivität zum Jahresauftakt dürfte auch der nahende Brexit-Termin Ende März sein, auch wenn sich eine Verschiebung des Austritts immer klarer abzeichnet. „Die Unsicherheit rund um dieses Datum ist natürlich sehr groß“, kommentiert Paul. Deshalb hätten auch einige Unternehmen, die nicht so häufig am Markt sind, in diesem Jahr das frühe Zeitfenster genutzt.
Zu den deutschen Emittenten, die die Gunst der frühen Stunde genutzt haben, zählen ThyssenKrupp mit einem Bond über 1,5 Milliarden Euro und Siemens mit vier Bonds über eine Summe von insgesamt 3 Milliarden Euro.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.