Schlechte Nachrichten für die Solarworld-Gläubiger: Der deutsche Branchenprimus kündigte gestern Abend einen Haircut an. Die Anleihe- und Schuldscheingläubiger müssten sich auf „gravierende Einschnitte“ einstellen, heißt es in der Ad-hoc Mitteilung. Die Kurse der beiden Anleihen, die 2016 und 2017 auslaufen, brachen daraufhin ein: Beide liegen nun bei desolaten 20 Prozent.
Gemeinsam haben die Bonds ein Volumen von 550 Millionen Euro, verzinst werden sie mit 6,175 und 6,375 Prozent. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es noch unklar, was auf die Gläubiger zukommt, meint Peter Veranneman, Geschäftsführer von der Deutschen Gesellschaft zur Vertretung von Anleihegläubigern (DGVA): „Es spricht viel dafür, dass die Gläubiger mit der Forderung nach einem 50- bis 70-prozentigen Abschlag konfrontiert werden.“
Völlig überraschend kommt der Schuldenschnitt nicht: Bereits im vergangenen Sommer hatte CFO Philipp Koecke bestehende Kreditvereinbarungen über 375 Millionen Euro nachverhandeln müssen. Das Unternehmen konnte wegen desaströser Halbjahreszahlen seine Covenants nicht einhalten. Bereits damals waren die Kurse der Anleihen auf 30 Prozent eingebrochen. Nach Informationen von Insidern hatte die Deutsche Bank noch seine schützende Hand über Solarworld gelegt.
Solarworld hat Cash-Reserven verbrannt
Doch die Misere wird immer schlimmer: Solarworld verbrannte alleine im dritten Quartal des vergangenen Jahres 90 Millionen Euro Cash. Ende September lag der Liquiditätsbestand nur noch bei 230 Millionen Euro, für das vierte Quartal hat Solarworld noch keine Zahlen vorgelegt. Zudem kommt der Bonner Konzern mit seinen Kostensenkungen kaum voran. Die Preise am hartumkämpften Solarmarkt fallen derzeit einfach noch schneller. CEO Frank Asbeck geht aber mit gutem Beispiel voran und verzichtet auf seine vertraglichen Bezüge und Dividenden.
Einige Analysten haben Solarworld nach der gestrigen Ankündigung nun fast schon abgeschrieben: Sven Kürten von der DZ-Bank hält es für zweifelhaft, dass Solarworld bei den gegenwärtigen Finanzierungsschwierigkeiten langfristig überleben kann. Lauren Licuanan von der Commerzbank schreibt, dass sie derzeit nicht wisse, wie Solarworld die Zinsen auf die Schulden bezahlen solle.
CFO Koecke muss sich auf zähe Verhandlungen einstellen
CFO Koecke stehen nun zähe Restrukturierungsverhandlungen ins Haus, glaubt Veranneman: „Wir gehen davon aus, dass die Solarworld-Anleihen zu 70 bis 80 Prozent von Retailanlegern gezeichnet wurden.“ Kleinanleger haben traditionell ein eher geringes Interesse an einer Restrukturierung. Das erhöht die Gefahr, dass viele von ihnen einem Forderungsverzicht am Ende nicht zustimmen werden. „Viel komplexer könnte die Lage kaum sein“, sagt ein Frankfurter Debt-Advisory-Spezialist.
Solarworld reiht sich damit nun endgültig in die Riege der strauchelnden Solarunternehmen ein: Der mörderische Preiskampf mit asiatischen Solar-Herstellern hat bereits Q-Cells, Solon und Centrotherm in die Insolvenz getrieben.