Nach den zahlreichen Ausfällen von Mittelstandsanleihen haben die Medien bereits vor Monaten den Abgesang auf den Markt angestimmt. Nun formuliert mit der DZ Bank erstmals auch ein großes Kreditinstitut harsche Kritik an dem Segment. In einer neuen Untersuchung finden die Analysten deutliche Worte mit Blick auf die Entwicklung des Marktes: „Würde das Anleihesegment der Mittelstandsanleihen wirklich den deutschen Mittelstand repräsentieren, müsste man sich Sorgen machen“, zitiert die F.A.Z., der die Veröffentlichung exklusiv vorliegt, aus dem Report.
Knackpunkt ist demnach in den Augen der Analysten nicht nur die wenig befriedigende Wertentwicklung – der Mibox-Index für Mittelstandsanleihen bleibt trotz durchschnittlich höherer Zinsen dauerhaft hinter den iBoxx-Indizes zurück, die die Entwicklung aller High-Yield-Bonds darstellen –, sondern vor allem auch die Einschätzung der Ratingagenturen. So habe die Ratingagentur Creditreform die Anleihen mittlerweile insolventer Emittenten bei der Begebung mit Noten zwischen BB+ und BBB+ bewertet, der tatsächlichen Ausfallrate nach zu urteilen hätte das Rating gemessen an den Maßstäben der großen Agentur Moody’s dagegen eher im B-Bereich liegen müssen.
Insgesamt zeigt sich nach Informationen der DZ Bank, dass knapp die Hälfte aller bislang begebenen Mittelstandsanleihen anfänglich eine Investment-Grade-Einstufung erhielten, aktuell gilt dies noch für 27 Prozent. Bei 4 Prozent ist das Rating mittlerweile ausgesetzt worden. Anleger sollten sich angesichts dieser Zahlen bewusst sein, dass die Anleihen überwiegend spekulativen Charakter hätten, zitiert die F.A.Z. weiter aus der Studie.
Rufschädigung durch Fälle wie TKS Union
Auch andere Analysen teilen die negativen Prognosen der DZ Bank dem Bericht zufolge: Um mögliche Imageschäden zu vermeiden, sollten sich solide aufgestellte Unternehmen in einem anderen Markt umsehen, empfiehlt der Analyst Heinz Steffen vom Research-Institut Fairesearch. Der Ruf habe besonders unter teils äußerst fragwürdigen Strukturierungen gelitten, die zu mangelnder Transparenz und damit kaum kalkulierbaren Risiken für Investoren geführt hätten. So führe beispielsweise die Brauerei Karlsberg den Gewinn an eine Holding ab, die keinen Abschluss vorlege.
Auch das Agrar-Unternehmen TKS Union hat vor Kurzem Schlagzeilen mit einem nahezu abenteuerlich anmutenden Versuch, Geld einzusammeln, gemacht: Um liquide Mittel für den Aufbau eines Schweinemastbetriebs in Russland zu generieren, sollte eine Anleihe begeben werden. An dem russischen Unternehmen hielt TKS allerdings nur einen Minderheitsanteil, zudem hatte TKS weder Zugriff auf das operative Geschäft noch auf die Cashflows in Russland. Die Emission warf eine Menge Fragen auf und sorgte für viel Stirnrunzeln am Kapitalmarkt. Schließlich platzte der Deal.
Info
Mit der Krise der Mittelstandsanleihe und möglichen Auswegen für den „Patienten Mittelstandsanleihe“ beschäftigt sich auch die Titelgeschichte der morgen erscheinenden neuen FINANCE.
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