Der Finanzinvestor Ardian will sein Private-Debt-Geschäft in Deutschland ausbauen. Bis Ende März kommenden Jahres wollen die Franzosen in Frankfurt mit zwei bis drei Debt-Spezialisten präsent sein, die zunächst aus dem Londoner Debt-Team an den Main wechseln werden. Parallel dazu suchen Ardian Private Debt noch mindestens einen externen Spezialisten, wie der frisch gebackene Co-Head für das europäische Private-Debt-Geschäft, Mark Brenke, im Interview mit FINANCE verrät.
Einen klassischen Deutschlandchef wird es nicht geben. Die Verantwortung für den deutschen und britischen Markt liegt bei Brenke, der seinen Hauptsitz weiterhin in London haben wird. Von dort aus betreut Ardian Private Debt auch jetzt schon den deutschen Private-Debt-Markt. Da jedes Land seine eigenen Marktdynamiken und rechtlichen Rahmenbedingen vorweist, sei es jedoch wichtig, lokal präsent zu sein.
Frankfurt ist der nächste Schritt in Ardians Private-Debt-Strategie
Das Axa-Spin-off Ardian hat seine Wurzeln ursprünglich im Private-Equity-Geschäft. Brenke stieß vor drei Jahren zu Ardian, mit dem Auftrag, das nichtfranzösische Private-Debt-Geschäft in Europa auszubauen. „Es war immer der Plan, von London aus zu starten und dann im zweiten Schritt ein lokales Team in Deutschland aufzubauen“, sagt Brenke.
Von einer speziellen Deutschlandoffensive möchte der Deutsch-Brite zwar nicht sprechen. Brenke betont allerdings die Wichtigkeit des hiesigen Marktes, der nach Europas größtem Private-Debt-Markt Großbritannien und Ardians Heimatmarkt Frankreich der drittwichtigste europäische Private-Debt-Markt ist. „Wir werden in Deutschland investieren, aber diszipliniert“, kündigt Brenke an.
Konkret bedeutet das: Es gibt keine fixe prozentuale Vorgabe, wie viel des im vergangenen Jahr aufgelegten 2 Milliarden Euro schweren Debt-Fonds für deutsche Deals verwendet werden soll. Bisher gibt es nur eine Transaktion: Ardian stellte einen Teil der Finanzierung für die Übernahme des Wiesbadener Human-Resources-Softwareanbieters P&I durch den PE-Investor Permira.
Spielraum für weitere Investments in Deutschland hätte Brenke: Sein Fonds ist erst zur Hälfte ausinvestiert. Er deutet allerdings an, dass die Nachfrage nach Private Debt europaweit bald anziehen könnte, was ein baldiges neues Fundraising wahrscheinlich werden lässt. Brenke rechnet damit, dass sich im Zuge des anstehenden Brexits manche Banken auf ihre einheimischen Märkte fokussieren würden oder mit höheren Kapitalkosten zu rechnen hätten. Dadurch könnte jener Anteil der Debt-Nachfrage von Unternehmen wachsen, der für die Private-Debt-Fonds interessant ist.
Ardian Private Debt bietet Unitranche-Deals über 200 Millionen Euro an
Bei der Investitionsstrategie folgt Ardian Private Debt grundsätzlich dem Midcap-Credo der Muttergesellschaft. Übertragen auf den Private-Debt-Markt, der kleinere Volumina bewegt als der Private-Equity-Markt, heißt das: Ardian Private Debt fokussiert sich auf Unitranche-Finanzierungen zwischen 30 und 200 Millionen Euro. In Deutschland wollen sich die Franzosen klar am oberen Ende der Bandbreite positionieren. „Es gibt nur eine Handvoll Debt-Fonds in Europa, die 200 Millionen Euro pro Ticket investieren können, und erst recht keine Bank“, begründet Brenke seinen vergleichsweise hohen Sweet Spot. Die meisten Private-Debt-Anbieter zeichnen eher Tickets zwischen 25 und 100 Millionen Euro.
Starken Wettbewerb durch Banken fürchtet Brenke in seiner Marktnische nicht: Diese würden auf den deutlich liquideren Largecap-Markt setzen, da sie dort ihre Kreditpakete besser syndizieren könnten, glaubt Brenke. Ardian Private Debt positioniert sich auch bewusst unterhalb des High-Yield-Marktes, der bei einem Fremdfinanzierungsvolumen von rund 350 Millionen Euro beginnt und deutlich günstiger ist als eine Private-Debt-Finanzierung.
Um sich in einem fragmentierten Markt von der Private-Debt-Konkurrenz abzugrenzen, führt Brenke neben den höheren Ticketgrößen auch den langjährigen Track-Record von Ardian Private Debt ins Feld. Dieser reicht zurück bis ins Jahr 2005 und hat damit im Gegensatz zu den meisten Debt-Providern bereits eine Krise durchlaufen. „Wir haben in der Finanzkrise nicht verkauft, sondern die auftauchenden Finanzierungsprobleme zusammen mit den Managementteams gelöst“, sagt Brenke. Eine genaue Ausfallquote für die harten Jahre 2009 und 2010 nennt er nicht. Sie sei allerdings deutlich kleiner, als sie am Markt für syndizierte Kredite gewesen sei, erklärt Brenke.
Ardian erwartet noch mehr milliardenschwere Debt-Fonds
Richtig in Fahrt gekommen ist der Private-Debt-Markt allerdings erst nach der Finanzkrise, als der Ruf nach einer bankenunabhängigen Finanzierung lauter wurde und sich die Banken aus riskanteren Geschäften zurückzogen. Seitdem beobachtet Brenke einen starken Anstieg der Debt-Fonds-Volumina und macht diesen Trend zum einen an der wachsenden Investorennachfrage, zum anderen aber auch an der Entwicklung der eigenen Fonds fest. Der erste Debt-Fonds von Ardian war noch 750 Millionen Euro schwer (2005), der zweite schon 1,5 Milliarden Euro (2010), und der aktuelle umfasst 2 Milliarden Euro (2015). Vor kurzem gab auch der Finanzinvestor Pemberton bekannt, einen 1,2 Milliarden Euro schweren Debt-Fonds geschlossen zu haben.
Brenke stößt mit Ardian zu einer Zeit in den deutschen Debt-Markt vor, in der sich die Banken in Deutschland wieder stärker gegen die Konkurrenz durch die Debt-Fonds wehren, indem sie Mittelständlern höhere Flexibilität gewähren. Auf diese Weise ist es ihnen gelungen, den Vormarsch der Debt-Fonds zunächst einmal zu stoppen. „In den letzten zwölf Monaten sind die Banken schon aktiver geworden“, bestätigt Brenke diese Sichtweise, ohne darin aber einen Trend auszumachen zu wollen. Für ihn „liegt das vor allem an dem illiquiden Markt, der schnell zugunsten des einen oder anderen Marktteilnehmers ausschlagen kann.“
Ardian Private Debt reicht Banken die Hand
Geht es nach Brenke, sind Debt-Fonds und Banken ohnehin nicht per se Konkurrenten. Der Ardian-Manager zeichnet folgendes Harmonie-Szenario: Über eine First-out-/Second-out-Struktur können beide Partien im Finanzierungsboot des Mittelständlers Platz finden. Die Unitranche-Finanzierung wird dazu aufgeteilt. Die Bank (First out) übernimmt einen kleinen, vorrangigen Anteil (10 Prozent). Der Debt-Fonds stellt die restlichen, zwar nachrangigen, aber dafür renditeträchtigeren 90 Prozent zur Verfügung.
Diese aus Brenkes Sicht „sehr sinnvolle“ Arbeitsteilung ist in der Praxis allerdings noch nicht angekommen, da bei dieser Struktur der Vorteil von Unitranche-Finanzierungen – Schnelligkeit und nur ein Ansprechpartner – zum Teil verloren geht. „Wir haben in letzter Zeit oft beide Strukturen angeboten. Bisher hat sich der Kreditnehmer allerdings immer für die klassische, ungeteilte Unitranche-Lösung entschieden“, berichtet Brenke. Er ist sich aber sicher, dass die First-out/Second-out-Struktur wegen der schrumpfenden Durchschnittsmargen auf Corporate-Finanzierungen künftig häufiger vorkommen wird. Seine Erwartung: Weil dies auch die Banken zu spüren bekommen, dürften sie sich auf Sicht für Allianzen mit Debt-Fonds öffnen.
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