Volkswagen, Daimler, BASF, Swisscom, Schaeffler – und, und, und: Die Liste der Debütanten am Green-Finance-Markt im Jahr 2020 ist lang. Hatten zu Beginn der Coronakrise noch einige Marktbeobachter befürchtet, Sustainable Finance würde durch die Pandemie ausgebremst, war das Gegenteil der Fall. Das Interesse an nachhaltigen Finanzierungen ist ungebrochen, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Diese hat F.A.Z. Business Media | research im Auftrag von FINANCE und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) bereits zum zweiten Mal durchgeführt. 127 vollständig ausgefüllte Fragebögen von Finanzentscheidern aus deutschen Konzernen und dem gehobenen Mittelstand wurden ausgewertet. Die vollständigen Ergebnisse der Studie finden Sie hier.
Über die Studie wird zudem auf der Digitalkonferenz „Green FINANCE“ diskutiert, die am morgigen Dienstag zum ersten Mal stattfindet. Weitere Details zu Programm und Anmeldung finden Sie hier.
Pandemie verdrängt Green Finance nicht
Mit 62 Prozent gibt eine deutliche Mehrheit der Befragten an, dass die Pandemie das Thema Nachhaltigkeit nicht in den Hintergrund gedrängt hat. Nur etwas weniger als ein Drittel der Befragten meint, dass Nachhaltigkeit erst einmal an Relevanz verloren hat.
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Das Ergebnis deckt sich mit den Beobachtungen von Karl Manfred Lochner, Firmenkundenvorstand bei der LBBW: „Covid-19 und seine wirtschaftlichen Auswirkungen haben eindrucksvoll dargelegt, dass der Sustainable-Finance-Markt krisenfest ist“, kommentiert er. Selbst während der Corona-Pandemie hätten einige Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit in ihren Unternehmensstrategien fest verankert.
Große Wissenskluft bei Green Finance
Dass es sich dabei nicht nur um Lippenbekenntnisse der Befragten handelt, sondern Finanzverantwortliche das Thema wirklich nicht aus den Augen verloren haben, zeigt sich in der Umfrage deutlich. Nahezu 70 Prozent haben sich inzwischen bereits mit nachhaltigen Finanzierungen beschäftigt, deutlich mehr als in der ersten Auflage der Studie.
Ende 2019 hatten sich lediglich 52 Prozent mit Sustainable Finance auseinandergesetzt. Bei weiteren 13 Prozent steht das Thema bereits auf der Agenda für die Zukunft. Der Anteil derjenigen, die sich noch nicht mit dem Thema befasst haben und das auch erst einmal nicht vorhaben, sank im Vergleich zu 2019 also von knapp 30 auf weniger als 20 Prozent.
Hoher Beratungsbedarf bei Nachhaltigkeitsthemen
„Diese Entwicklung spiegelt sich auch in unseren Kundengesprächen wider“, kommentiert Lochner. Dabei zeige sich aber auch, „dass die Wissensbasis stark differiert“, sagt der LBBW-Firmenkundenchef. Speziell diejenigen, die sich bereits seit einiger Zeit intensiv mit den Möglichkeiten nachhaltiger Finanzierungformen auseinandersetzen, könnten sehr schnell konkrete Ansätze für die eigene Finanzierungsstrategie entwickeln.
„Bei vielen Unternehmen besteht allerdings unseren Erfahrungen nach weiterhin eine hohe Nachfrage nach tiefergehender Beratung – startend bei strategischen Überlegungen zum Geschäftsmodell, aber auch zu nachhaltigen Finanzierungsformen, Nachhaltigkeitsratings oder zu Fragestellungen rund um das Berichtswesen“, so Lochner.
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Die aktuellen Studienergebnisse zeigen deutlich: Während nahezu alle Vertreter von Großkonzernen sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt haben, ist die Ausgangslage bei kleineren Unternehmen differenzierter zu betrachten. „Doch es haben auch viele mittelständische Unternehmen erkannt, dass dieses Thema eine sehr hohe Relevanz für sie hat“, betont der LBBW-Banker. Neben eigenen strategischen Überlegungen und den gesellschaftlichen und politischen Erwartungen spielten dabei häufig auch entsprechende Transparenz- und Mindeststandardanforderungen von Abnehmern eine bedeutende Rolle.
Green Finance auf dem Weg zum Standard
Die meisten Unternehmen erwarten ohnehin, dass nachhaltige Finanzierungen künftig zum Standard werden, konkret sind es 54 Prozent. LBBW-Firmenkundenchef Lochner ist ebenfalls überzeugt davon und rechnet außerdem damit, dass diese Entwicklung schnell gehen wird: „Wenn sich die Entwicklung im aktuellen Tempo fortsetzt und wir alle gemeinsam das Thema mit der notwendigen Dringlichkeit priorisieren, dann könnte es in den kommenden drei bis fünf Jahren so weit sein“, glaubt der Banker. Mit anderen Worten: Green Finance als Finanzierungsstandard ist keine pure Vision mehr.
Wichtige zusätzliche Treiber dafür seien zum einen der erhöhte Fokus der Bankenaufsicht auf das Thema und zum anderen die EU-Taxonomie, die für große, kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtend sein wird, glaubt Lochner.
Welche Auswirkungen die Regulierung konkret auf den Markt haben wird, wird sich bald zeigen. Klar ist schon jetzt, dass sich Sustainable Finance auch in einer schwierigen Phase am Finanzmarkt behauptet hat und sich in den kommenden Jahren noch weiter verbreiten wird.
Info
Die vollständigen Ergebnisse der Studie „Nachhaltigkeit und Green Finance“ finden Sie hier zum kostenlosen Download.
Über die Ergebnisse der Studie und weitere Trends rund um nachhaltige Finanzierungen geht es zudem auf der Digitalkonferenz „Green FINANCE“, die morgen, am 23. März 2021, zum ersten Mal stattfinden. Hier geht es zu Programm und Anmeldung. Melden Sie sich jetzt noch an!
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.