Hapag-Lloyd hat am heutigen Freitag einen Sustainability-linked Bond platziert. Damit nutzt die Container-Reederei ein Green-Finance-Instrument, das noch sehr jung ist und bislang nur selten zum Einsatz kam. Doch das könnte sich bald ändern, denn mit dieser Art der Anleihe – auch ESG-linked Bond genannt – öffnet sich der Kapitalmarkt auch für Unternehmen, denen der Zugang zu nachhaltigen Finanzierung bisher verwehrt war.
Der Grund: Bei Sustainability-linked Bonds ist der Verwendungszweck der Mittel nicht an ein nachhaltiges Projekt gebunden. Stattdessen kann der Erlös anders als bei klassischen Green Bonds für alle Unternehmenszwecke eingesetzt werden. Hapag-Lloyd zahlt damit etwa bestehende Anleihen zurück. Die Finanzierungskonditionen werden dabei an bestimmte Nachhaltigkeitsziele gekoppelt. Werden die nicht erreicht, so wird die Finanzierung teurer. Anders als bei ESG-linked Loans, die sich seit 2019 stark verbreiten, gibt es meist keinen Step-Down-Mechanismus. Die Bonds werden für die Emittenten mit Erreichung der Ziele also nicht billiger.
Hapag-Lloyd knüpft Konditionen an ESG-Ziele
Bei Hapag-Lloyd funktioniert der Mechanismus folgendermaßen: Das 300 Millionen Euro schwere Papier läuft über sieben Jahre und wird mit 2,5 Prozent verzinst. Dieser Kupon kann aber um 25 Basispunkte steigen, wenn die Reederei ihr Ziel zur Senkung der eigenen CO2-Intensität nicht einhält, wie ein Sprecher auf Nachfrage von FINANCE erklärt. Insgesamt soll diese bis 2030 um 60 Prozent reduziert werden.
Im Jahr 2025 wird mit Blick auf die Zahlen des abgelaufenen Jahres geprüft, ob Hapag-Lloyd sein Zwischenziel erreicht hat. Hat die Reederei das nicht geschafft, so muss der erhöhte Kupon für die restliche Laufzeit des Bonds gezahlt werden – also bis 2028.
„Mit der erfolgreichen Platzierung unserer Sustainability-Linked Anleihe haben wir einen weiteren Meilenstein bei unseren Green-Financing-Aktivitäten erreicht“, kommentiert Finanzchef Mark Frese die Transaktion. Die Reederei hatte bereits im Februar zwei Finanzierungen nach den Green Loan Principles strukturiert. Damit reagieren die Hamburger auch auf den Druck der Finanzbranche: Vor allem Großbanken achten bei der Vergabe von Krediten in der Schiffsbranche inzwischen stärker auf Nachhaltigkeitsthemen.
„Haben einen weiteren Meilenstein bei unseren Green-Financing-Aktivitäten erreicht“.
Verbund platziert ebenfalls Sustainability-linked Bond
Die Hamburger sind nicht die einzigen, die das Instrument des Sustainability-linked Bonds gerade für sich entdecken. Auch der österreichische Stromkonzern Verbund hat diese Woche ein solches Papier platziert. Die Österreicher, die bereits einen Green Bond, einen grünen Schuldschein und einen ESG-linked Loan genutzt haben, gehen aber noch einen Schritt weiter: Sie kombinieren die Logik beider grünen Spielarten und koppeln die Anleihe an Nachhaltigkeitsziele und verpflichten sich gleichzeitig, den Erlös für ein nachhaltiges Projekt einzusetzen: Green und Sustainability-linked also.
CFO Peter Kollmann will damit die Stellung von Verbund als „innovativer Vorreiter bei nachhaltigen Finanzierungsprodukten am Kapitalmarkt“ unterstreichen. Das Papier hat ein Volumen von 500 Millionen Euro und läuft über 20 Jahre. Das Unternehmen hat bei der deutlich überzeichneten Transaktion Investoren mit Nachhaltigkeitsfokus nach eigenen Angaben „deutlich bevorzugt behandelt“. Sie machten schlussendlich 90 Prozent des Orderbuchs aus. Der Zinssatz des langlaufenden Papiers liegt bei 0,9 Prozent.
Mit dem Erlös will CFO Kollmann nur Projekte finanzieren, die dem Green Finance Framework von Verbund entsprechen. In einem solchen Rahmenvertrag listen Unternehmen die Projekte auf, in die sie im Zuge ihrer Nachhaltigkeitsstrategie investieren wollen. Für den Sustainability-Link haben sich die Wiener folgendes vorgenommen: Die neu installierte Produktionskapazität in den Bereichen Wasser, Wind und Photovoltaik soll gesteigert werden.
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Zudem soll die Transformatorenleistung erweitert werden, die notwendig ist, um erneuerbaren Strom in das Hochspannungsnetz einspeisen zu können. Für beide Bereiche hat sich Verbund messbare Ziele gesetzt. Wird eines der beiden Ziele bis Ende 2032 nicht erreicht, so steigt der Zinssatz ebenfalls um 25 Basispunkte für die restliche Laufzeit.
Lafarge Holcim, Novartis – wer kommt als nächstes?
Mit diesen beiden neuen Sustainability-linked-Transaktionen nimmt ein neues Segment des Green-Finance-Markts Fahrt auf. Bislang haben nur wenige Unternehmen dieses Instrument gewählt – im deutschsprachigen Raum zählten dazu der Pharmakonzern Novartis und der Zementhersteller Lafarge Holcim. Die Debüttransaktion platzierte im Herbst 2019 der italienische Energiekonzern Enel.
Doch die Erwartungen an das Segment sind groß: Da die Erlöse für alle Unternehmenszwecke genutzt werden können, kommen ESG-linked Bonds für alle am Anleihemarkt aktiven Unternehmen in Frage. Ein abgrenzbares Portfolio an grünen Projekten ist nicht mehr erforderlich – bislang ein Hemmschuh für den Green-Bond-Markt. Zudem macht die rasante Verbreitung von ESG-linked Loans, die nach ähnlicher Logik funktionieren, den Mechanismus in der Breite am Markt bekannt.
Martin Wagenknecht, DCM-Chef der Société Générale für die DACH-Region, hatte bereits zu Jahresbeginn gegenüber FINANCE eine Zunahme von ESG-linked-Bonds vorausgesagt. Marilyn Ceci, Global Head of ESG Developed Capital Markets (DCM) bei JP Morgan, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zu Beginn der Woche, sie rechne mit einem Gesamtvolumen des Marktes in diesem Jahr von 120 bis 150 Milliarden Dollar. Das wäre geradezu eine explosionsartige Zunahme: Bislang wurden insgesamt erst ESG-linked-Bonds über 20 Milliarden Dollar emittiert.
EU-Taxonomie wird relevanter
Zwei weitere Entwicklungen begünstigen ein rasantes Wachstum des Marktsegments: Zum einen hat der internationale Kapitalmarktverband ICMA im vergangenen Jahr die Sustainability-linked Bond Principles veröffentlicht, die potentiellen Emittenten als Guidelines zur Verfügung stehen. Zum anderen kann die Europäische Zentralbank seit Anfang des Jahres im Rahmen ihrer Anleihekaufprogramme auch in solche Papiere investieren – sofern eines der gesetzten Ziele der EU-Taxonomie oder einem der klima- oder umweltbezogenen UN-Entwicklungsziele (SDGs) entspricht. Das war bis dato nicht möglich, weshalb vor allem für europäische Unternehmen ein wichtiger Investor ausfiel.
Dass die EU-Taxonomie am Green-Finance-Markt ab jetzt eine größere Rolle spielen wird, zeigt sich auch bei den aktuellen Transaktionen. Verbund verweist darauf, dass die eigenen Projekte im Rahmen des Green Finance Frameworks taxonomie-konform sind. Und auch der Energiekonzern E.on hat heute den ersten Green Bond des Konzerns begeben, der vollständig die Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllt.
antonia.koegler[at]finance-magazin.de
Info
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Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.