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Karlie-Mittelstandsanleihe: PE-Investor Perusa will zeichnen

Karlie

Im Juni musste alles ganz schnell gehen: Der PE-Investor Perusa verfolgte für sein Portfoliounternehnen Karlie offenbar große M&A-Projekte, die gegenfinanziert werden mussten. Das Objekt der Begierde war offenbar der Tierfutterhersteller Vitakraft aus Achim bei Bremen, wie FINANCE erfuhr. „Die waren sich sehr sicher, dass sie zum Zuge kommen“, sagt ein an der Transaktion Beteiligter. Dafür wollte Perusa nach inzwischen bewährtem Muster Geld am Kapitalmarkt auftreiben: mit einer Mittelstandsanleihe. Perusa wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

Verständlich, denn wäre der Vitakraft-Deal zustandegekommen, hätte Karlie dringend neues Geld benötigt,  immerhin ist Vitakraft mit einem Jahresumsatz von 250 Millionen Euro rund doppelt so groß wie die konsolidierte Karlie-Gruppe. Deshalb drängten Perusa und das Karlie-Management mit Macht auf die Emission einer Mittelstandsanleihe.

PE-Investor Perusa war an Vitakraft-Deal dran

Doch hatte Perusa die Rechnung offenbar ohne den bisweilen erratisch agierenden Vitakraft-Eigner aus der Unternehmerfamilie Wührmann gemacht. Der entschied sich am Ende für einen Teilausstieg und die Beteiligung eines Strategen, den Konkurrenten Deuerer.

Das gewählte Zeitfenster für die Platzierung einer Mittelstandsanleihe war wegen des sehr kurzen Zeitraums denkbar ungünstig, bestätigt Karlie-Chefin Angelika Westerwelle gegenüber FINANCE: „Noch Donnerstag und Freitag waren wir auf Roadshow, am Dienstag war Zeichnungsbeginn.“ Zeit, die Ergebnisse des Investoren-Pre-Sounding noch in veränderte Konditionen umzusetzen – mithin Ziel des Pre-Soundings –, hatte Karlie dann nicht mehr, denn  das Zeitfenster war seitens der Börse schon bestimmt. Möglicherweise hatten auch Viscardi und Blättchen & Partner, die die Emission betreuten, Karlie zu viel versprochen. Am Ende gelang es Karlie von den angepeilten 30 Millionen Euro nur gut 6 Millionen zu platzieren.

Anstoß nahmen die institutionellen Investoren daran, dass für die durch die Zukäufe von Flamingo (Belgien) und Sharples&Grant (UK) stark durch Zukäufe gewachsene Karlie nur Pro-Forma-Abschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 vorlegen konnte. Ein regulärer Jahresabschluss für die konsolidierten Einzelgesellschaften war nicht da. Das von Scope mit BB bestimmte Unternehmensrating war auch nicht so ausgefallen, dass es den eher mageren Kupon von 6,75 Prozent rechtfertigen würde. Dennoch war die Mittelstandsanleihe für viele Kapitalmarktprofis im Frühsommer eine durchaus willkommene Ausnahme – immerhin stand hier mal wieder ein echter Mittelständler zur Investition bereit. „Im Nachhinein wäre aus der durch Hochzinskupons verwöhnten Anlegerpsychologie heraus eine 7 vor dem Komma wohl erfolgreicher gewesen“, sagt Westerwelle. Im Sommer trennten sich dann Karlie und der Interims-Group-CFO Anton Staals, obwohl die Integration der Zukäufe in die Gruppe zumindest finanziell noch nicht vollzogen ist.

CFO Staals verlässt nach Emission die Gruppe

Eine Reihe von Organisationsaufgaben steht Karlie noch bevor, die auch Finanzierungscharakter haben. So sollen die Gruppenfinanzen sortiert werden und Verkäuferdarlehen aus den Zukäufen von Flamingo und Sharples&Grant abgelöst werden, aus denen noch immer 4,3 Millionen Euro zu Buche stehen. 2,4 Millionen Euro Bankverbindlichkeiten wurden aus dem Anleiheerlös getilgt. Zudem sollte das vom Karlie-Eigner Perusa erworbene chinesische Unternehmen Best Quality in Karlie rückintegriert werden. Dafür soll Karlie zwischen 7 und 9 Millionen Euro an den PE-Investor zahlen. Im Gegenzug will der Eigentümer Perusa, der neben dem PE- auch einen Debt-Fonds investiert, im gleichen Umfang die Anleihe zeichnen – zu gleichen Konditionen wie die anderen Anleger auch. Damit wäre die Anleihe immerhin zu knapp der Hälfte platziert.

Diese Investition lässt sich als Commitment zu Karlie deuten. Dass die Anleiheemission im Juni verunglückte, findet die Ende 2011 angetretene Westerwelle „bedauerlich“ – gerade im Hinblick auf die Signalwirkung am Kapitalmarkt. Der positive Effekt besteht hingegen darin, dass das Handelsunternehmen seine naturgemäß nicht üppigen Margen nicht noch zusätzlich durch ein schlechtes Finanzergebnis weiter belasten muss. „Ich bin ganz froh, dass wir die Zinsen nicht auf das Gesamtvolumen bezahlen, weil wir ausreichend Mittel für die anstehenden Projekte zur Verfügung haben“, sagt Westerwelle. Dennoch: Für die konsequente Weiterentwicklung der Konzernstrategie, die Integration der verschiedenen Teile und die beabsichtigte Vertikalisierungsstrategie mit dem Ziel der Steigerung der derzeit 3,1 Prozent EBITDA-Marge – Teile der Produktion sollen selbst vereinnahmt werden –  braucht Karlie neue Mittel. Insofern setzt Westerwelle weiter auf einen Emissionserfolg der Mittelstandsanleihe mit dem noch gültigen Anleiheprospekt: Für Oktober und November ist eine weitere Roadshow geplant.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

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