NEUZur Serie: Top-Dealmaker

Newsletter

Abonnements

Leveraged Finance: Banken nehmen immer mehr Risiko

Das Imperium schlägt zurück: Die Banken haben die Debt-Fonds in Deutschland auf einen Marktanteil von 20 Prozent zurückgedrängt. Aber der Preis dafür könnte hoch ausfallen.
Teka77/Thinkstock/Getty Images

Den Großbanken wie Commerzbank, DZ Bank und UniCredit, die am deutschen Leveraged-Finance-Markt tonangebend sind, ist es 2016 gelungen, den Vormarsch der Private-Debt-Fonds in Deutschland zu stoppen und ihre neuen Rivalen sogar wieder zurückzudrängen. „Wir schätzen, dass der Marktanteil der Debt-Fonds am deutschen Private-Equity-Mid-Market 2016 auf 20 Prozent zurückgegangen ist“, sagte Dominik Spanier, Leiter des Debt Advisory von Lincoln International in Deutschland, gegenüber FINANCE. Im Vorjahr hatten sich die Debt-Fonds mit ihrem Vorzeigeprodukt „Unitranche“ noch rund 30 Prozent des Finanzierungsmarktes gesichert.

Doch der Preis, den die Banken für die Rückeroberung ihres Marktanteils gezahlt haben, könnte sich als hoch herausstellen. Eine Umfrage, die Lincoln in den vergangenen zwei Wochen unter 65 Finanzierungshäusern durchgeführt hat – darunter 34 Banken und 31 Debt-Fonds – zeigt, wie den Banken ihr Prestigeerfolg gelungen ist: Sie haben ihre Kreditrisiken hochgefahren. 56 Prozent der befragten Banken gaben an, dass sie 2016 ihre Kreditbedingungen gelockert haben, zeigen Unterlagen, die FINANCE vorliegen. Bei den Debt-Fonds waren es nur 32 Prozent.

Debt-Adivsor Dominik Spanier: „Unglaublich viel Liquidität im Markt“

Die aggressiveren Finanzierungsbedingungen sind inzwischen scheinbar auch schon zum „New Normal“ geworden: Die Mehrheit der Befragten rechnet für 2017 mit konstanten oder sogar leicht höheren Verschuldungsquoten („Leverage“) am deutschen Private-Equity-Markt – und mit konstanten oder sogar weiter sinkenden Kreditmargen der Banken.

„Es ist unglaublich viel Liquidität im Markt“, fasst Finanzierungsberater Spanier die Lage zusammen. Der einzige limitierende Faktor ist – wie es scheint – der stockende Nachschub an neuen Transaktionen. Die Finanzinvestoren leiden darunter, dass auch die strategischen Käufer derzeit sehr entschlossen am M&A-Markt auftreten. Dies geht zu Lasten der Private-Equity-Industrie und führt zu einem milliardenschweren Kapitalüberhang, hatte diese Woche erst der Chef der Deutschen Beteiligungs AG, Torsten Grede, gewarnt.

LBO-Banken wollen ihr Underwriting hochfahren

Gefahr scheint aber auch für die Banken in Verzug zu sein. Auf die Frage, was sie tun wollen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, erklärten 38 Prozent, dass sie einen größeren Anteil der von ihnen arrangierten Kredite auf die eigenen Büchern nehmen wollen. Ähnlich viele wollen stärker als Underwriter von Krediten auftreten, also höhere Platzierungsrisiken übernehmen, falls der Kredit auf wenig Interesse am Syndizierungsmarkt stößt. Beide Werte sind deutlich höher als in den beiden Vorjahren und lassen sich in einer Beobachtung zusammenfassen: Zuerst haben die Banken mit der Lockerung der Kreditbedingungen ihre Kreditrisiken hochgefahren, und jetzt beginnen sie damit, diese verstärkt auf die eigenen Bücher zu transferieren.

Wenn sie diese Pläne tatsächlich in die Tat umsetzen, wäre dies auch aus regulatorischer Sicht bemerkenswert, schließlich müssen Banken hoch geleveragte Akquisitionsfinanzierungen in ihren Büchern mit viel Eigenkapital unterlegen. Aber wohl nur so können sich die Banken in dem aufgeheizten Markt für Akquisitionsfinanzierungen noch die attraktiven Strukturierungsgebühren sichern, die für Neu-Kredite fällig werden. Dass im klassischen Kreditgeschäft die Zinsmargen eingebrochen sind, senkt wiederum die Opportunitätskosten des für die Leveraged Loans reservierten Eigenkapitals.

Banken glauben, dass Margen von Unitranche-Krediten sinken werden

Es erscheint sogar möglich, dass der Preiskrieg noch weiter an Schärfe zunehmen wird: Zwei Drittel der befragten Banker erwarten, dass die Debt-Fonds die Kreditmargen ihrer Unitranche-Angebote im weiteren Jahresverlauf reduzieren werden – eine Annahme, die von den Fondsmanagern freilich nicht geteilt wird: Eine Mehrheit von ihnen geht davon aus, dass das nicht passieren wird. Dies glaubt auch Debt-Advisor Spanier. Der Grund: „Den Unitranche-Anbietern würde es schwer fallen, die Kreditmargen nennenswert zu senken, da sie ihren Investoren gewisse Zielrenditen versprochen haben.“

Wenn die Banken trotzdem damit beginnen würden, sowohl ihre Final-Hold-Anteile als auch ihre Underwriting-Zusagen hochzufahren, könnte dies ein Hinweis auf eine strukturelle Verschiebung der Kräfteverhältnisse am Leveraged-Finance-Markt zu Gunsten der Debt-Fonds sein. Zunächst einmal müssen die Unitranche-Anbieter aber den von den Banken entfesselten Preiskrieg überstehen, ohne selbst ihre Kreditrisiken aus den Augen zu verlieren, warnt Spanier: „Die Debt-Fonds müssen aufpassen, nicht zu Lenders of last Resort zu verkommen, die nur die Deals finanzieren, die die Banken nicht haben wollen.“  

Lincoln-Prognose 2017: Debt-Fonds legen wieder zu

Gelingt ihnen dies, erwartet Spanier, dass sich Private Debt mittel- bis langfristig im deutschen Mid-Market einen Marktanteil von 30 Prozent sichern kann. „In diesem Jahr wird der Marktanteil schon wieder in Richtung 30 Prozent anwachsen“, prophezeit der Lincoln-Manager. Das passt zu den Plänen vieler Fonds, die ihr Geschäft ausweiten wollen. Zuletzt hatte etwa der französische Finanzinvestor Ardian angekündigt, in Deutschland ein größeres Team an den Start zu bringen. Auch der Finanzinvestor Permira Debt will in Deutschland wachsen.

Im internationalen Vergleich wäre aber auch ein Anteil von 30 Prozent noch wenig. In Märkten, in denen sich die Banken aus dem Leveraged-Finance-Geschäft weitgehend heraushalten, stehen ganz andere Werte zu Buche: In Großbritannien liegen die Debt-Fonds laut Spanier bei über 50 Prozent, in den USA erreichen sie sogar einen Marktanteil von über 80 Prozent.             

Info

Neue Player, neue Finanzierungen, neue Deals: Viele Hintergründe zum neuen Finanzierungstrend am deutschen Mid-Market gibt es auf unserer FINANCE-Themenseite zu Private Debt.