Er wollte Prokon unbedingt als ganzes Unternehmen erhalten, doch damit ist es jetzt endgültig vorbei: Mit überwältigender Mehrheit sprachen sich die Gläubiger auf der gestrigen Gläubigerversammlung gegen Prokon-Gründer Carsten Rodbertus und seine umstrittenen Alternativpläne aus, die vorsahen, den Ökostromproduzenten Prokon als Ganzes zu erhalten. 99 Prozent der stimmberechtigten Gläubiger bestätigten stattdessen den Hamburger Rechtsanwalt Dietmar Penzlin als Insolvenzverwalter und beauftragten ihn mit der Erstellung eines vorläufigen Insolvenzplans für Prokon.
Es waren 7.000 der 75.000 Gläubiger anwesend, sie repräsentierten nach Angaben der Initiative „Freunde von Prokon“ Forderungen in Höhe von rund 850 Millionen Euro. Insgesamt hatten Anlegen 1,4 Milliarden Euro in Prokon-Genussrechte investiert. Über den endgültigen Insolvenzplan soll nun Anfang 2015 abgestimmt werden.
Aus dem Hause Prokon werden M&A-Deals kommen
Damit ist jetzt der Weg für eine Umstrukturierung nach den Vorstellungen von Insolvenzverwalter Penzlin frei. Wie genau diese aussehen, wird sich zwar erst zeigen. Doch es zeichnet sich deutlich ab, dass im Zuge seiner Sanierungspläne eine Reihe von M&A-Deals anstehen werden. So hat Penzlin bereits angekündigt, dass im Bereich Windenergie – dem Kerngeschäft von Prokon – rund 300 von vormals 450 Arbeitsplätzen erhalten bleiben sollen. „Es gibt aber auch Geschäftsbereiche, die fortlaufend Verluste produziert haben und bei denen keine Aussicht auf Besserung besteht“, schreibt der Insolvenzverwalter in einem Brief an die Anleger. Diese Konzernteile wird Penzlin wohl abzustoßen versuchen.
Konkret zu seiner Verkaufsliste geäußert hat er sich noch nicht, doch vermutlich werden weite Teile des Assets aus dem Geschäftsbereich „Biogene Kraftstoffe“ an den Markt kommen, wo Prokon Biodiesel und Speiseöl produziert.
Der Wert dieses Geschäftsbereichs liegt bisher im Dunkeln: Zwar gibt es untestierte Zahlen aus dem Jahr 2013 und einen testierten Geschäftsbericht aus dem Jahr 2012. Doch wie sich inzwischen herausgestellt hat, sind beide nicht aussagekräftig, beziehungsweise „wegen der schwerwiegenden Mängel voraussichtlich sogar nichtig“, wie Penzlin glaubt. Auf der Gläubigerversammlung betonte Penzlin erneut, dass bei Prokon offenbar eine organisierte Finanzabteilung fehlte. Das Controlling sei nicht vorhanden und die Buchführung chaotisch gewesen, bemängelte der Insolvenzexperte.
Einstiegschance für Finanzinvestoren
In greifbare Nähe gerückt ist auch ein möglicher Debt-to-Equity-Swap, bei dem die Gläubiger ihre Genussrechte in Eigenkapital umwandeln und zu Gesellschaftern werden – insbesondere des Kerngeschäfts Windenergie. Dies kündigte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) an, die einen Großteil der Gläubiger vertritt. Gläubiger, die nicht Gesellschafter werden wollen, sollen die Genussrechte in eine handelbare Anleihe umtauschen können. Insgesamt hofft der Insolvenzverwalter, dass die Gläubiger 30 bis 60 Prozent ihres Kapitals wiederbekommen.
Und auch für neue Großinvestoren könnte die Sanierung von Prokon neue Möglichkeiten aufweisen: Der Einstieg eines strategischen Investors werde bereits geprüft, sagte Penzlin. Auch Finanzinvestoren bringen sich in Stellung: Bereits Ende Januar hatte der Hedgefonds Exchange Investors angekündigt, bei Prokon einzusteigen.
Info
Seit Januar kämpft Prokon mit der Insolvenz – lesen Sie auf unserer Themenseite, wie es dazu kam und was sich bsiher getan hat.