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Schuldscheinmarkt so stark wie seit 2009 nicht mehr

Platz 1 für ZF Friedrichshafen: Der Getriebehersteller hatte den größten Schuldschein aller Zeiten platziert.
ZF Friedrichshafen

Der Boom am Schuldscheinmarkt geht in die nächste Runde: Im ersten Halbjahr 2015 ist das Emissionsvolumen in Europa um rund 130 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum angestiegen, zeigt eine Analyse von Thomson Reuters. Insgesamt lag das Volumen bei 9 Milliarden Euro. Wichtigster Treiber war die größte Schuldscheinemission aller Zeiten, die ZF Friedrichshafen zu Jahresbeginn lancierte: Waren zuerst nur 400 Millionen Euro geplant, um ein auslaufendes Schuldscheindarlehen zu finanzieren, lag das Volumen zum Schluss bei 2,2 Milliarden Euro. Der Autozulieferer nutzte die hohe Nachfrage nach dem Schuldschein, um damit gleich auch einen Teil der Brückenfinanzierung für die 13 Milliarden Dollar schwere Übernahme des US-Konzerns TRW abzulösen. Auch die Schuldscheinemission des Traktorherstellers Claas hatte den Markt überraschte: Das Unternehmen, das zuletzt einen Ergebniseinbruch wegstecken musste, sammelte im März über drei Schuldscheindarlehen insgesamt 300 Millionen Euro ein.

Im ersten Halbjahr 2015 wurde auch der größte Schuldschein aller Zeiten außerhalb Deutschlands platziert: Der Möbelriese Steinhoff Europe wollte ursprünglich nur 300 Millionen Euro einsammeln, platziert wurden schlussendlich 650 Millionen Euro.

League Tables: LBBW und BayernLB liegen bei Schuldscheinen vorne

Auch im Mittelstand, den Thomson Reuters unterhalb von 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz definiert, erfreut sich der Schuldschein einer wachsenden Beliebtheit, wie die Zahlen zeigen. Im Mittelstandssegment stieg das Emissionsvolumen im ersten Halbjahr um 2,3 Prozent auf 1,31 Milliarden Euro. Prägende Transaktion war der 150 Millionen Euro schwere Schuldschein des Gerüstherstellers Peri.

Die zunehmende Größe der einzelnen Schuldscheinemission sowie das anhaltende Vordringen des Finanzierungsinstruments in Auslandsmärkte und in den Mittelstand hat dazu geführt, dass im ersten Halbjahr so viel Schuldscheinvolumen platziert wurde wie seit dem 2. Halbjahr 2009 nicht mehr. Damals boomte der Markt, weil die Zinsen am Bondmarkt prohibitiv hoch waren und die Banken in ihrer Kreditvergabe äußerst restriktiv.  

Von dem Aufwärtstrend profitieren nicht nur die Unternehmen, sondern auch die begleitenden Banken. Auffallend ist, dass das Schuldscheingeschäft unverändert das Metier der Landesbanken ist. Wie schon in den Jahren zuvor belegen auch jetzt wieder die LBBW und die BayernLB, die an der Emission von ZF Friedrichshafen beteiligt waren, die beiden ersten Plätze in den League Tables. Auf Platz 3 kommt die Helaba, mit einigem Abstand dahinter die Commerzbank. Interessant ist, dass die französischen Banken im Schuldscheinmarkt stärker aufkommen: Die Société Générale und die BNP Paribas schafften es in die Top 10 (Platz 7 und Platz 9), Credit Agricole liegt auf Rang 13.

Unternehmen wenden sich von Banken und Mittelstandsanleihen ab

Der Schuldschein hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker zum Liebling der Unternehmen gemausert. Besonders CFOs, die eine Alternative zum Bankkredit oder zu Mittelstandsanleihen suchen, greifen darauf zurück. Dass dies nachhaltig zu sein scheint, zeigt eine aktuelle Schuldschein-Studie von FINANCE und der IKB.

„Als Familienunternehmen wollen wir uns nicht von wenigen Banken abhängig machen“, sagt zum Beispiel Gerd Peters, CFO von Hoyer Logistik. Schwanken Unternehmen zwischen Anleihe und Schuldschein, entscheiden sich viele inzwischen für den Schuldschein, weil kein Rating erforderlich und die Dokumentation schlanker ist.

julia.becker[at]finance-magazin.de

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Die Studie "Der Schuldschein im Aufwind" können Sie hier bestellen.